Nur noch zwei Abgeordnete

Poreski (Grüne) holt das Direktmandat, Hillebrand (CDU) nicht mehr im Landtag

Der CDU-Kandidat Dieter Hillebrand hat nicht nur sein Direktmandat an Thomas Poreski (Grüne) verloren – er hat den Einzug in den Landtag ganz verpasst. Künftig wird der Wahlkreis 60 Reutlingen nur noch mit zwei Abgeordneten in Stuttgart vertreten sein: Neben Poreski hat es der stellvertretende Ministerpräsident Nils Schmid (SPD) geschafft. AfD-Kandidat Wolfram Hirt hat zwar die SPD an Stimmen überholt, in den Landtag zieht er aber nicht ein.

14.03.2016

Von Uschi Kurz

Die erste Hochrechnung ist da: Landtagsabgeordneter Thomas Poreski (zweiter von rechts) freut sich im Jahnhaus gemeinsam mit seiner Zweitkandidatin Susanne Häcker (links im Bild), der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke und dem Reutlinger Grünen-Stadtrat Rainer Buck (rechts im Bild). Bild: Haas

Die erste Hochrechnung ist da: Landtagsabgeordneter Thomas Poreski (zweiter von rechts) freut sich im Jahnhaus gemeinsam mit seiner Zweitkandidatin Susanne Häcker (links im Bild), der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke und dem Reutlinger Grünen-Stadtrat Rainer Buck (rechts im Bild). Bild: Haas

Kreis Reutlingen. 31,2 Prozent der Wählerstimmen konnte der Grüne Landtagsabgeordnete Thomas Poreski auf sich verbuchen. 5,6 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren und etwas mehr als die Grünen landesweit – das reichte dem 52-Jährigen für das Direktmandat. Poreski war mit seinem Abschneiden denn auch hoch zufrieden. Auch seine Zweitkandidatin Susanne Häcker zeigte sich überglücklich. „Es war ein harter Wahlkampf“, meinte die Grüne, die vorgestern Geburtstag, aber keine Zeit zum Feiern hatte. Das konnte sie nun im Kreise ihrer Parteifreundinnen und Freunde nachholen.

Allerdings trübte der Erdrutsch des Wunsch-Koalitionspartners SPD die Freude der Grünen. 14,2 Prozent für den SPD-Spitzenkandidaten und Wirtschaftsminister Nils Schmid, 10,5 Prozentpunkte weniger als 2011. Für den Wiedereinzug in den Landtag hat es dennoch gereicht. Dass der AfD-Kandidat Wolfram Hirt auf Anhieb mit 15,1 Prozent mehr als Schmid einfuhr, sorgte für rabenschwarze Stimmung bei den Sozialdemokraten.

Sein schlechtes Abschneiden, meinte Schmid zu vorgerückter Stunde im Gespräch mit dem TAGBLATT, „liegt im Landestrend, den wir voll abbekamen.“ Andere Themen seien entscheidend gewesen, aber auch die Personalisierung auf den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Jetzt sollten die Grünen zu Gesprächen einladen, so der stellvertretende Ministerpräsident resigniert: „Bei unserem Ergebnis müssen wir einfach abwarten.“ Seine Aufgabe sei es nun, mit Demut zu analysieren, warum es die SPD nicht schaffe, bei großen Themen wie Euro-Rettung und Flüchtlinge die Anhänger unter einen Hut zu bringen und zusammenzuhalten. Die AfD als größte Wahlsieger und sogar noch etwas über dem Landesdurchschnitt, die SPD als der stärkste Verlierer – für die Sozialdemokraten wurde ein Albtraum wahr.

Grund zur Freude hatten hingegen die Liberalen: Ihre Kandidatin Wibke Steinhilber erhielt 8,4 Prozent der Stimmen und liegt damit zwar nur minimal über dem Landesdurchschnitt (8,3 Prozent), aber 2,7 Prozenpunkte über dem Ergebnis, das Hagen Kluck vor fünf Jahren einfuhr. Damit hatte Steinhilber das viertbeste Ergebnis im Regierungsbezirk Tübingen. Entsprechend aufgekratzt war ihre Stimmung. Allerdings stand erst nach 23 Uhr fest, dass die Liberalen im Regierungsbezirk keine vier, sondern nur zwei Sitze erhalten würden. Dann erst war klar, dass es für Steinhilber nicht für ein Mandat reicht.

Eine besondere Wackelpartie zeichnete sich gestern Abend im Wahlkreis 60 Reutlingen trotz des guten Abschneidens von Wolfram Hirt bei der AfD ab. Im Nachbar-Wahlkreis 61 (Münsingen-Hechingen) hatte Carola Wolle für die AfD noch einen Prozentpunkt mehr als Hirt (16,1 Prozent) eingefahren. Wolle hatte aber nicht nur in Münsingen-Hechingen für die AfD kandidiert, sondern war auch in Neckarsulm angetreten, wo sie ein noch besserer Ergebnis auf sich verbuchen konnte: 18,7 Prozent. Hirt war nun der Meinung, dass – sollte Wolle in den Landtag einziehen – er als Kandidat mit dem nächstbesten Ergebnis im Regierungsbezirk mit einem Mandat rechnen könne. Dem war nicht so: Wolle zieht zwar tatsächlich für den Wahlkreis Neckarsulm in den Landtag ein, doch Hirt profitiert nicht davon. Stattdessen erhält im Wahlkreis 61 der Zweitkandidat Hans Peter Stauch ein Mandat.

Landtag ja oder nein? Diese Frage stellte sich der Linken Jessica Tatti bereits nach der ersten Hochrechnung nicht mehr. Sie konnte zwar das Ergebnis ihrer Partei von 2011 leicht von 2,8 auf 3,4 Prozent verbessern. Ihre Erwartungen war freilich deutlich größer gewesen, entsprechend enttäuscht zeigt sich die Sozialarbeiterin am Ende des Wahlabends.

Alle anderen Parteien spielten bei der gestrigen Landtagswahl abermals keine Rolle. Lediglich 1,1 Prozent der Wähler entschieden sich für die ALFA (Allianz für Fortschritt und Aufbruch), die sich im vergangenen Jahr von der AfD abgespalten hatte. Alle anderen Splitterparteien – Piraten, REP, NPD, ÖDP und Die Partei blieben unter einem Prozent.

Positiv war die Entwicklung der Wahlbeteiligung: Sie stieg im Wahlkreis 60 von 67,4 Prozent auf 70,3 Prozent. In der Stadt Reutlingen lag die Wahlbeteiligung wie bereits schon vor fünf Jahren etwas unter dem der restlichen Wahlkreisgemeinden: Sie betrug 68,2 Prozent.

Tristesse bei der CDU im Drei-Birken-Hof in Rommelsbach. Der Landtagsabgeordnete Dieter Hillebrand ahnt da bereits, dass es für ihn nicht reicht. Bild: Haas

Tristesse bei der CDU im Drei-Birken-Hof in Rommelsbach. Der Landtagsabgeordnete Dieter Hillebrand ahnt da bereits, dass es für ihn nicht reicht. Bild: Haas

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Erstellt:
14.03.2016, 00:54 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 14.03.2016, 00:54 Uhr

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