Flughafen Stuttgart

Platzhirsch als Urlaubs-Chauffeur

25.06.2021

Von TEXT: Moritz Hagemann | FOTO Eurowings Press

Platzhirsch als Urlaubs-Chauffeur

Ein Blick von der Besucherterrasse auf das Vorfeld des Stuttgarter Flughafens. Vor allem sieht man eines: Eurowings-Maschinen im Wartestand. Die Tochtergesellschaft der Lufthansa ist am Stuttgarter Airport die Nummer eins. Im Pandemie-Jahr 2020 gehen 41,26 Prozent aller sogenannten Flugzeugbewegungen im Linien- und Charterverkehr auf Eurowings zurück. 2019 waren es 39 Prozent, 2018 ebenfalls 41,2. Keine andere Airline erreichte in diesen Jahren auch nur annähernd die Zehn-Prozent-Marke. Die Billigfluggesellschaft mit Sitz in Düsseldorf ist also der Platzhirsch am Manfred-Rommel-Airport.

Gemessen an der Anzahl der Flugzeuge sei Stuttgart nach Düsseldorf aktuell die zweitgrößte Basis für Eurowings, teilt Airline-Sprecher Florian Gränzdörffer auf Nachfrage mit. Neun Flugzeuge der Airbus A320-Familie sind derzeit im Einsatz, „vor der Pandemie war die Flotte mehr als doppelt so groß“, sagt der Sprecher. Mehr als 60 Ziele steuert Eurowings in normalen Zeiten von Stuttgart aus an. „Der Airport liegt im Herzen einer der wirtschaftsstärksten Regionen in Europa, die sich durch starke Außenhandelsverflechtungen auszeichnet“, nennt Gränzdörffer einen Punkt, in dem der Rommel-Airport einen Standortvorteil gegenüber anderen Flughäfen hat. Dadurch sei rund um Stuttgart ein hohes Mobilitätsbedürfnis gegeben – sowohl im beruflich als auch im privaten Sektor.

Doch auch Eurowings hat die Krise schwer getroffen. Zeitweise habe man in Stuttgart weniger als zehn Prozent des normalen Programms anbieten können. Geflogen wurde dabei „eine innerdeutsche Grundversorgung“ sowie Verbindungen in die europäischen Metropolen. Bis Mitte Mai hatte sich das Eurowings-Angebot auf etwa knapp 40 Prozent im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit ausgeweitet. Im Sommer, so der Sprecher, erwarte die Airline, rund 80 Prozent der einstigen Kapazität abdecken zu können. Rund um Pfingsten habe man festgestellt, dass die Buchungen sprunghaft ansteigen, sagt Gränzdörffer: „Die Sehnsucht zu reisen ist nach langem Lockdown offensichtlich.“ In den beiden Vor-Pfingst-Wochen seien die Buchungseingänge um mehr als einhundert Prozent angestiegen, Hotspots wie Mallorca – von der Airline als Topziel des Jahres ausgerufen – sogar noch weitaus darüber. Bundesweit hatte die Airline deshalb etwa rund 500 Zusatzflüge aufgelegt, viele davon ab Stuttgart. Das habe mehr als 70 000 Sitzen für die vier Wochen nach Pfingsten entsprochen.

Für die Lufthansa-Tochter dürfte die Urlaubssehnsucht der Deutschen, gerade an wichtigen Basen wie Stuttgart, ein Schritt in bessere Zeiten sein. Es ist auch eine Verlagerung erkennbar: eher weg vom Businessgeschäft, dafür hin zu Urlaubsreisen. Wurde früher der Flugplan für ein halbes Jahr im Voraus erstellt, plane man nun teilweise in Zwei-Tages-Rhythmen, hatte Eurowings-Chef Jens Bischof im Rahmen einer Pressekonferenz Mitte Mai gesagt.

Es habe trotz der schwerste Krise der Luftfahrtbranche keine Entlassungen bei Eurowings gegeben, so Sprecher Gränzdörffer. Das ist allerdings nur ein Teil der Wahrheit: Schon im ersten Lockdown wurde der Betrieb der zu Eurowings gehörenden Germanwings komplett eingestellt, die Angestellten sollten andere Jobs innerhalb der Lufthansa-Gruppe bekommen. Zudem gab es im Januar 2021 auch eine Krisenvereinbarung mit der Gewerkschaft Verdi. Während das Bodenpersonal bei Eurowings auf ein 13. Gehalt und Urlaubstage im Jahr 2021 verzichtet, wurde beim Kabinenpersonal die betriebliche Altersvorsorge ausgesetzt und das Weihnachts- und Urlaubsgeld um fünf Prozent gesenkt. Rund 2500 Menschen sind bei der Airline beschäftigt. Nach Pfingsten werden Cockpit- und Kabinencrews wieder aufgestockt.

In Sachen Coronavirus bietet Eurowings seinen Kunden etwa die Möglichkeit, ab 10 Euro einen freien Mittelsitz zu buchen. Insgesamt kämpfen die Airlines auch gegen die Meinung an, die Zeit im Flugzeug gehe mit einer erhöhten Infektionsgefahr einher. Bis heute, sagt Eurowings-Sprecher Gränzdörffer dem TAGBLATT Mitte Mai, „gibt es keinen dokumentieren Fall einer Virus-Infektion in einem Flugzeug der Lufthansa-Group-Airlines“.

Zum Artikel

Erstellt:
25.06.2021, 07:28 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 25.06.2021, 07:28 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!