Ammerbuch

Pfäffingen: Hunderte kamen zur TAGBLATT-Gutenachtgeschichte

300 Zuhörer drängten sich an der Pfäffinger Kelter, um den Geschichten zu lauschen, die Verena Höckh und Karlheinz Heiss im Gepäck hatten.

14.08.2024

Von Andreas Straub

Verena Höckh las aus einem historischen Roman und entführte das Publikum in die Zeit der Rassentrennung in Amerika. Bild: Andreas Straub

Verena Höckh las aus einem historischen Roman und entführte das Publikum in die Zeit der Rassentrennung in Amerika. Bild: Andreas Straub

Kurz vor Beginn mussten weitere Stühle und Bänke herbeigeschafft werden. Der Platz vor der Pfäffinger Kelter reichte am warmen Montagabend kaum aus für die 300 Zuhörerinnen und Zuhörer der TAGBLATT-Gutenachtgeschichte. In Zusammenarbeit mit der Bücherei Ammerbuch servierte der Verein Alte Kelter kühle Getränke und Butterbrezeln. Mit dem Tango „Hernandos’s Hideaway“ eröffnete das Saxophonquartett der Musikschule Ammerbuch musikalisch. Das Lied schrieben Jerry Ross und Richard Adler 1954 für das Musical „The Pajama Game“.

Im Lesesessel nahm zuerst Verena Höckh Platz. Sie hatte den in den 1960er Jahren in den USA spielenden historischen Roman „Gute Geister“ von Kathryn Stockett ausgewählt. „Ich bin geschichtlich interessiert und war gleich fasziniert“, sagte Höckh. Sie habe das Buch selbst auf Englisch gelesen (Originaltitel: „The Help“). Um vorzulesen, habe sie zusätzlich eine deutsche Fassung gekauft. „Das Thema Rassentrennung ist ernst, und dennoch enthält die Geschichte viele witzige Elemente“, sagte Höckh. Sie versetzt die Zuhörerschaft in Ammerbuch gedanklich nach Jackson, Mississippi, und 70 Jahre in der Zeit zurück.

Gesellschaftliche Missstände

Der Roman beleuchtet das Leben von afroamerikanischen Hausangestellten, die in den Haushalten weißer Familien arbeiten, und erzählt ihre Geschichten aus deren Perspektive. Eine zentrale Figur ist Aibileen Clark: eine erfahrene und gütige afroamerikanische Hausangestellte, die sich um das Kind einer weißen Familie kümmert. Sie hat viele Jahre als Nanny gearbeitet. Minny Jackson ist eine weitere kluge und schlagfertige Hausangestellte, die für ihre direkte Art und ihre ausgezeichneten Kochkünsten bekannt ist. Sie kämpft mit den Herausforderungen, die ihre Offenheit und ihr Temperament in einer rassistisch geprägten Gesellschaft mit sich bringen. Eugenia „Skeeter“ Phelan ist eine junge, weiße Frau, die gerade das College abgeschlossen hat und sich mit den sozialen Ungerechtigkeiten in ihrer Umgebung auseinandersetzt. Skeeter will Schriftstellerin werden und beschließt, ein Buch zu schreiben, das die Geschichten der afroamerikanischen Hausangestellten aus ihrer Perspektive erzählt. Skeeter möchte auf gesellschaftliche Missstände hinweisen. Höckh las eine Stelle vor, in der Skeeter mit ihrem weißen Cadillac und in einem schicken Kleid in die arme Wohngegend ihrer schwarzen Angestellten fährt, um diese zu interviewen. Ihr ist selbst klar, dass sie damit dort auffällt. Allerdings würde es auch ihren mit der Aussaat beschäftigten Eltern auffallen, ginge sie anders aus dem Haus. Höckh brachte das Unwohlsein beider Frauen zu Beginn gut zur Geltung – die Nervosität wird detailliert beschrieben. Anhand dieser Szene wurden Vorurteile gut deutlich. Das Buch zeigt, wie die drei Frauen trotz ihrer unterschiedlichen Hintergründe zusammenkommen und Freundschaften schließen, um gegen Unrecht zu kämpfen.

Zu viele Chefs

Karlheinz Heiss las vier Kurzgeschichten aus „Der kleine Nick“ von René Goscinny. „Das Buch ist jetzt 70 Jahre alt und mir aus meiner eigenen Kindheit sehr präsent“, sagte Heiss. Daraus vorzulesen sei ein spontaner Einfall gewesen. Die Geschichten erzählen vom Alltag des kleinen Nick – ein liebenswerter und frecher Junge, der in Frankreich lebt. Die Erzählungen sind aus Nicks kindlicher Perspektive geschrieben und schildern seine Abenteuer und Missgeschicke. Oft geht es um alltägliche Themen wie das Schulleben, das Spielen mit Freunden, kleine Streiche oder das Verhältnis zu den Erwachsenen, die aus Nicks Sicht manchmal merkwürdig und unverständlich handeln. Die Geschichten erwiesen sich in Pfäffingen nicht nur für Kinder, sondern auch für die Erwachsenen als unterhaltsam.

Im von Heiss gekonnt vorgetragenen „Fußballspiel“ zum Beispiel wollen Nick und seine Freunde ein solches Spiel organisieren. Sie haben aber schon Probleme, bevor das Spiel überhaupt beginnt, weil sie sich nicht auf die Positionen einigen können, die jeder spielen soll. Jeder will natürlich die wichtigste Rolle spielen, zum Beispiel den Torwart oder den Stürmer. Als sie dann endlich mit dem Spiel anfangen, geht es drunter und drüber. Einige Kinder spielen nicht richtig mit, andere streiten sich ständig, und am Ende kommt es zu einer Schlägerei. Botschaft: Wenn jeder das Sagen haben will, gibt es Chaos. In der Geschichte „Dschoscho“ drehte sich alles um einen neuen Schüler, der in Nicks Klasse kommt. Sein richtiger Name ist Geoffroy, und er fällt sofort auf, weil sein Vater sehr reich ist. Er hat zum Beispiel ein besonders schickes Schwert, das alle bewundern. Es gibt einige Konflikte mit Nick und seinen Freunden, die ihn dennoch integrieren wollen. Eine Geschichte darüber, dass materielle Besitztümer und sozialer Status bereits in der Kindheit eine Rolle spielen können. Und darüber, dass wahre Freundschaft von gemeinsamen Erlebnissen und gegenseitigem Verständnis abhängt.

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Erstellt:
14.08.2024, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec
zuletzt aktualisiert: 14.08.2024, 01:00 Uhr

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