Cannabis in der Medizin
Ein Betroffener erzählt: „Patienten werden kriminalisiert“
Seit vier Jahren dürfen Ärzte Cannabis legal verschreiben. Viele Menschen, die damit behandelt werden, schwören darauf – trotz Stigmatisierung.
Jahrelang kämpft der Schichtarbeiter mit Migräneanfällen. Zwei Bandscheibenvorfälle verschlimmern sein Leiden. An schlechten Tagen kann er nicht mehr sehen und hören, muss sich übergeben. Hinzu kommen immer wieder Rückenschmerzen, die sich „wie Messerstiche“ anfühlen. „Ich habe täglich Medikamente genommen.“ Mit starken Nebenwirkungen: Förster kämpft mit Magen- und Darmproblemen, Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit. „Ich war depressiv, kam nicht mehr vom Sofa hoch. Nachts konnte ich nur noch zwei, drei Stunden am Stück schlafen.“
Wenn sonst nichts mehr hilft
Eine Odyssee bei verschiedenen Ärzten bringt den 42-Jährigen nicht weiter. „Außer, dass die Milligrammzahl der Schmerztabletten immer wieder erhöht wurde.“ Förster sucht nach Auswegen. Im Internet informiert er sich über medizinisches Cannabis. Seit 2017 dürfen Haus- und Fachärzte das in Deutschland für Patienten verschreiben, bei denen sonst nichts mehr hilft. Etwa für Menschen mit chronischen Schmerzen, mit Angst- und Schlafstörungen, Depressionen, ADHS oder auch der Darmkrankheit Morbus Crohn. Hilfe findet der 42-Jährige schließlich bei Algea Care, einem Start-up, das 2020 gegründet wurde und sich auf die Aufklärung über medizinisches Cannabis spezialisiert hat. Laut Mitgründer Julian Wichmann berät das Unternehmen bereits Patienten im mittleren vierstelligen Bereich, Tendenz steigend. Neben Frankfurt bietet Algea Care seinen Service schon in sieben Städten, darunter Berlin, Hamburg, München und ganz neu auch in Stuttgart an.
Auch wenn Ärzte willens seien, scheuten sie oft den bürokratischen Aufwand. „Verständlicherweise“, so Wichmann. Denn Anträge auf Kostenübernahme seien oft nicht von Erfolg gekrönt. „Etwa 40 Prozent der Anträge werden von den Krankenkassen abgewiesen.“ Eine Hürde, die Algea Care deshalb erst gar nicht nimmt: Von den mit dem Unternehmen kooperierenden Ärzten gibt es die Cannabis-Medikamente nur auf Privatrezept. Förster muss monatlich bis zu 400 Euro für seine Behandlung berappen. „Das ist mir meine Gesundheit aber wert. Ich bin besser drauf, schlafe nachts wieder durch.“