Medien

Papier ist Mangelware

Buch- und Zeitungsverlage klagen über extrem schwierige Lieferbedingungen. Ein Grund ist, dass während des Lockdowns weniger gedruckt wurde.

22.09.2021

Von Caroline Strang

Vielen Verlagen fehlt auch Lagerfläche. Sie sind auf kurzfristige Papierlieferungen angewiesen. Foto: Lino Mirgeler/dpa

Vielen Verlagen fehlt auch Lagerfläche. Sie sind auf kurzfristige Papierlieferungen angewiesen. Foto: Lino Mirgeler/dpa

Berlin. Die Überschrift ist deutlich: „Das Druckdrama. Alarm in der Herstellung“. So umschreibt das Fachmagazin „Börsenblatt“ des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels die Lage in der Branche: Der wichtigste Rohstoff, Papier, ist knapp und teuer geworden. Die Verband verdeutlicht das: 200 Euro kostete eine Tonne Altpapier im August. Das sind 75 Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn. 1000 Euro mussten Hersteller für eine Tonne Zellulose im vergangenen Monat bezahlen. Im Dezember 2020 hatte der Preis noch 650 Euro betragen.

Die Gründe für Mangel und Preissteigerungen sind vielfältig. Unter anderen sind auch hier die gestörten globalen Lieferketten spürbar, die Nachfrage aus China nach Zellstoff ist hoch, die Energiepreise in Deutschland sind es auch. Und noch ein anderes Problem beschäftigt die Verlage: Es gibt zu wenig Altpapier. Rund drei Viertel des bedruckten Papiers werden daraus hergestellt.

Thomas Braun, der als einer der Geschäftsführer des Branchenverbandes BVSE für den Bereich Papierrecycling verantwortlich ist, hat dafür mehrere Erklärungen. Im Sommer falle wegen der Schul- und Betriebsferien grundsätzlich weniger Altpapier an. Neu ist jedoch: „Ganz wesentlich aber liegt die geringere Sammelmenge daran, dass nach wie vor viele Bereiche der Gastronomie sowie Betriebe aller Art in Deutschland hinter der Vor-Covid19-Lage herhinken und sich dort entsprechend weniger Altpapier erfassen lässt.“ Vor allem während der Lockdowns wurde weniger gedruckt. „Entsprechend fehlen Druckprodukte wie Zeitungen und Zeitschriften im Altpapier“, sagt Gregor Andreas Geiger, Pressesprecher des Verbands „Die Papierindustrie“.

Die Papier- und insbesondere Kartonindustrie produziert unter Volllast. „Die Nachfrage lässt sich nur mit großen Anstrengungen der Altpapierbranche decken“, sagt Braun. „Wir importieren sogar Altpapier nach Deutschland, um den Bedarf danach befriedigen zu können. Importmengen aus europäischen Nachbarländern oder aus den USA sind jedoch nur schwer und zu hohen Preisen zu bekommen.“

Diese Entwicklungen haben Folgen. So befinden sich die Altpapierpreise derzeit auf einem Langzeithoch. „Für uns als Altpapiererfasser und -aufbereiter ist die erreichte Vergütungshöhe eher belastend. Unsere Unternehmen benötigen und leben von einer Marge für ihre Arbeit, ein hoher Preis an sich bringt ihnen keinen zusätzlichen Nutzen“, sagt Braun.

Auch die Zeitungsbranche leidet: „Aktuell kennzeichnet erheblicher Preisdruck nach oben den Markt für Pressepapiere. Wie die Produzenten bestätigen, übersteigt auch beim Zeitungsdruckpapier die Nachfrage derzeit die Menge des produzierten Papiers“, sagt Anja Pasquay, Pressesprecherin des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger. Derzeit führe die Situation zu einem extrem engen Markt, auf dem nicht alle Käufer die vereinbarten Mengen erhalten oder für fix vereinbarte Liefermengen zu Festpreisen Aufschläge verlangt werden. „Die drohende Unterversorgung bewerten wir als höchst problematisch. Zumal in einer pandemiebedingt ohnehin schwierigen Marktsituation.“

Doch werden sich die hohen Rohstoffpreise auf Preise für Bücher und Zeitungen auswirken? „ Sollten die Kosten beim Papier und bei den Pappen langfristig so hoch bleiben, könnte sich das in letzter Konsequenz auf die Buchpreise auswirken“, sagt Thomas Koch, Sprecher des Börsenvereins. Die Margen von Verlagen und Buchhandlungen seien sehr niedrig. „Wenn die Produktionskosten stark steigen würden, könnten Verlage das nicht langfristig ausgleichen und müssten die Preise anpassen, um nicht in wirtschaftliche Schieflage zu geraten.“ Mit Bestimmtheit ließe sich das aber noch nicht vorhersagen. Ähnliches gilt auch für Zeitungen: „Wir rechnen damit, dass eine erhebliche Kostensteigerung bei den Rohstoffen, die zu erwarten ist, sich längerfristig auch im Preis des Produkts niederschlagen wird“, sagt Pasquay.

„Wir können nicht in die Glaskugel sehen“, sagt Braun. „Zurzeit sehen wir zumindest keine Parameter im Markt, die auf eine kurzfristige Entspannung im globalen Altpapiermarkt hindeuten könnten.“

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Erstellt:
22.09.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 22.09.2021, 06:00 Uhr

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