Tübingen

Packesel

Ab 1. März ist die Tübinger Kornhausstraße keine reine Fußgängerzone mehr. Das Projekt wird zwei Monate getestet („Frei für Räder im Schritttempo“, 24. Januar).

19.02.2019

Von Claudia Thaler, Tübingen

Liebe Tübinger Einzelhändler der Antiradler-Unterschriftenaktion, ich bekenne, ich radle gelegentlich durch die Fußgängerzone. Meist am Abend nach Ladenschluss, wenn der Weg kürzer ist und ich noch gerne einen Blick in die Schaufenster werfe; manchmal aber auch tagsüber auf dem Weg zu bestimmten Läden, in denen ich gut beraten und bedient werde, oder zum Markt. Immer aber langsam, mit der Hand an der Bremse und in möglichst großem Abstand zu Fußgängern.

Mein Fahrrad ist mein Packesel. Schieben, zumal bepackt, ist unbequem und anstrengend. Wenn ich es wirklich eilig habe und mein Ziel nicht in der Altstadt liegt, fahre ich auf schneller befahrbaren Routen außenrum.

Über die Fußgängerzonen-Öffnung für Radler kann man gerne diskutieren. Aber ich lasse mich genauso ungern pauschal als Kampfradler-Lobby mit Rennbahn-Fantasien verunglimpfen wie Sie als Händlerschaft sich als bornierte, überteuerte Servicewüste bezeichnen lassen würden.

Wenn ihre polemische Behauptung stimmte, dass dann „niemand mehr ohne Verletzungsrisiko bummeln kann“, gäbe es nicht in vielen anderen Städten seit Jahrzehnten für Radler freigegebene Fußgängerzonen. Die bei Verkehrsunfällen Verletzten kommen allerseltenst aus Konflikten mit Radlern in Fußgängerzonen!

Meine Lust, Händler aufzusuchen, die mich als rücksichtslose Kampfradlerin sehen, ist gering. Das Angebot, der Service und die Freundlichkeit im Online-Handel ist da einfach besser. Dann geht’s auch ohne Rad – per Lieferung direkt ins Haus.