Wörterbuch

Online-Duden wird gegendert

Verlag nimmt Personen- und Berufsbezeichnungen in männlicher und weiblicher Form auf. Kritik wird laut.

09.01.2021

Von EPD

Berlin. Das Online-Wörterbuch des Duden-Verlags soll in gendersensibler Sprache verändert werden. Alle rund 12?000 Personen- und Berufsbezeichnungen sollten in der Weise geändert werden, dass es künftig statt eines Wortartikels zwei gibt, einen für die männliche und einen für die weibliche Form, bestätigte der Verlag in Berlin.

Im Online-Duden ist ein Mieter dann nicht mehr „jemand, der etwas gemietet hat“, sondern eine „männliche Person, die etwas gemietet hat“. Ein Schüler wird definiert als „Junge, Jugendlicher, der eine Schule besucht“. Damit verschwindet faktisch das sogenannte generische Maskulinum bei Personenbezeichnungen von der Website www.duden.de. Ein „generisches Maskulinum“ ist ein Wort, das eine geschlechtsneutrale Bedeutung hat und sich auf Männer und Frauen gleichermaßen bezieht.

Der Potsdamer Linguist Peter Eisenberg bezeichnet die neuen Worteinträge in der „Welt“ als „Irreführung des Lesers“. Wörter wie Mieter, Arzt, Schüler seien alle sowohl spezifisch männlich als auch generisch, also geschlechtsneutral verwendbar. Von der Sprachgemeinschaft würden sie auch so gebraucht.

Auch die Münchner Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Leiss kritisierte das Umschreiben der Definitionen scharf. Es sei grotesk und absolut unverantwortlich zu behaupten, Wörter wie Schüler, Arzt oder Mieter hätten keine geschlechtsabstrahierende Bedeutung. Die Duden-Redaktion sei dem „aktuellen Gender-Unsinn“ offenbar vollends verfallen. Ewa Trutkowski, Sprachwissenschaftlerin an der Freien Universität Bozen, erklärte, die geänderten Definitionen bildeten nicht die sprachliche Realität ab.

Gegen generisches Maskulinum

Eisenberg und Trutkowski sehen in dem Agieren der Duden-Redaktion einen Kampf gegen das generische Maskulinum. „Die Redaktion versucht, in der Öffentlichkeit das generische Maskulinum zu dezimieren. Nichts anderes passiert hier“, sagte Eisenberg. Mit dem Online-Wörterbuch versuche man nun, den allgemeinen Sprachgebrauch zu beeinflussen.

„Der Dudenverlag orientiert sich in seinen Entscheidungen konsequent am allgemeinen Sprachgebrauch“, sagte dagegen Duden-Pressesprecherin Nicole Weiffen auf Anfrage. Das generische Maskulinum werde immer stärker hinterfragt, als nicht mehr zeitgemäß empfunden und häufig präzisiert durch Doppelformen wie „Ärztinnen und Ärzte“. Zahlreiche Studien belegten, dass das grammatisch maskuline Geschlecht im Deutschen bei Personen nicht geschlechtsneutral sei. epd