Tübingen

Ohne Hintertürchen

22.02.2020

Von Focke Ziemssen, Tübingen

Bleibt das Reden über direkte Demokratie in ,Appsurdistan‘ eine Floskel? Wenn der Mehrheitsbegriff umgedeutet wird, müssen konstruktive Fragen erlaubt sein:

Was könnte 10 152 der 19 373 Teilnehmer gestört haben? Die klar größte Gruppe (5 der 8
Dekaden) lehnt den Mittelspur-Radweg ab.

Gernot Stegert hat in seinem Kommentar darauf hingewiesen, dass in der Versammlung keine „Contra“-Stimmen gehört wurden. Ein unsouveräner Moderator tat viele Fragen als irrelevant ab.

Wieso wurde gerade die berechtigte Kritik an dem Abschnitt vor/nach einer Mittelspur nicht ernst genommen? Wo bleibt das Bemühen, Busse und Radler voreinander zu schützen? Darf nicht auch die Haltestelle auf der Brücke oder die merkwürdige Ampelschaltung der Testphase hinterfragt werden? Varianten oder Alternativen wurden nicht ernsthaft diskutiert. Sonderregelungen für Anwohner seien ohnehin rechtlich schwierig und praktisch kaum umsetzbar.

Möglicherweise hätte es dem Meinungsbild gut getan, wenn ein wirkliches Konzept zur Verbesserung einer Rad-Magistrale nicht an das Schicksal einer sofortigen Sperrung für PKW geknüpft worden wäre. Eigentlich dürfte es dem ADFC nicht schwer fallen, kritisch Verbesserungen einzufordern. Attraktive und sichere Radwege würden auf jeden Fall mehr in den Sattel bringen als Verbote.

Sachfragen zu trennen und klare Fragen ohne Hintertürchen zu formulieren, fällt offenbar schwer. Wenn der Gemeinderat aber nicht auf die Mehrheit hört, dürften in Zukunft noch weniger Bürger ,appstimmen‘.