Parken in Tübingen: Alles gar kein Problem?

OB Palmer widerspricht Bericht über verärgerte Dauerparker

Oberbürgermeister Boris Palmer widerspricht dem TAGBLATT-Bericht über verärgerte Dauerparker im Metropol. Doch die Erfahrungen von Nutzern sind andere.

11.01.2018

Von Gernot Stegert

Nicht immer finden Dauerparker im Metropol Platz – schwierig wird es etwa bei der Chocolart. Bild: Rekittke

Nicht immer finden Dauerparker im Metropol Platz – schwierig wird es etwa bei der Chocolart. Bild: Rekittke

Der TAGBLATT-Aufmacher vom Mittwoch über Dauerparker im Parkhaus Metropol hat Boris Palmer zu einer Stellungnahme herausgefordert. Der Tübinger Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke Tübingen (SWT), die das Parkhaus betreiben, schickte gestern ein eng bedrucktes A4-Blatt. Wir dokumentieren hier für eine sachliche Diskussion längere Auszüge und ergänzen die uns vorliegenden Fakten.

Dauerparkplatz nutzbar?

OB Palmer schreibt: „Wer für einen Dauerparkplatz bezahlt hat, kann immer mit einem freien Stellplatz rechnen. Der gegenteilige Eindruck, den der Bericht erweckt ist falsch. Da das Parkhaus Metropol nur eine Einfahrt hat, ist es jedoch nicht zu verhindern, dass Kurzzeitparker dort eine Schlange bilden und die Zufahrt blockieren, wenn alle anderen Parkplätze belegt sind. In diesem Fall muss man sich an der Schlange vorbei drängeln und eventuell Wartende überzeugen, die Zufahrt frei zu machen.“

    Hinweis: Das Vorbeidrängeln und „Überzeugen“ funktioniert nach den uns vorliegenden Aussagen von Dauerparkern nicht. Es ist unrealistisch. Daher können Dauerparker auch nicht immer mit einem Parkplatz rechnen, für den sie bezahlt haben.

Ausgleich für Verlustbringer?

OB Palmer schreibt: „Es ist nicht richtig, dass in den Innenstadtparkhäusern Verluste der automatischen Parkhäuser übernommen werden müssen. In den letzten zehn Jahren haben auch die Innenstadtparkhäuser einen kumulierten Verlust von einer Million Euro erwirtschaftet. Wegen der hohen Investition von sieben Millionen Euro für die Sanierung des Parkhaus Altstadt Mitte ist auch in den kommenden Jahren mit erheblichen Belastungen zu rechnen. Mittelfristig wird angestrebt, mit den konventionellen Parkhäusern ein in etwa ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Die Preiserhöhung für Dauerparker dient mit dazu, dieses Ziel zu erreichen. Pro Stellplatz sind die Erlöse aus Dauerparkplätzen weiterhin deutlich geringer als die aus Kurzzeitparkplätzen. Daher sind die Dauerstellplätze bisher am höchsten bezuschusst.“

    Hinweis: SWT-Geschäftsführer Wilfried Kannenberg sagte dem TAGBLATT im Dezember 2016: „Wenn man jedes Jahr Verluste schreibt, muss man die irgendwann wieder reinholen.“ Das gelte vor allem für die extrem störanfälligen automatischen Parkhäuser im Loretto und im Französischen Viertel.

Normalpreise oder Wucher?

OB Palmer schreibt: „Die starke Erhöhung der Preise für Dauerparker im Parkhaus Metropol ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass dieses Parkhaus über viele Jahre nicht ausgelastet war. Daher wurde den Beschäftigten im Zentrum ein besonders vergünstigtes Angebot gemacht, für 30 Euro im Monat zu parken. Die Situation hat sich mittlerweile aber grundlegend verändert. Das Metropol ist heute gut ausgelastet, es gibt keine ungenutzten Kapazitäten mehr, die entsprechend günstig vermietet werden können. Es ist sehr ärgerlich, dass der Stadt und den Stadtwerken nun Wucher vorgeworfen wird. Das Gegenteil ist richtig: Wir haben über viele Jahre die Dauerparker dort stark bezuschusst. Wenn daraus ein Vorwurf wird, muss man in Zukunft von vornherein auf solche Angebote verzichten.“

    Hinweis: Eine Anpassung erfolgt normal nicht in solchen Riesenschritten: Der Preis stieg von 39 Euro im Monat (13 Stunden Tagesnutzung) im Jahr 2016 über 60 Euro 2017 auf 80 Euro jetzt, für 24 Stunden auf 105 Euro. Zum Artikel am Mittwoch gehörte zudem eine Infobox mit Preisen anderer Anbieter in Tübingen und benachbarter Städte. Fast alle sind günstiger als das Metropol der SWT.

Können alle aufs Auto verzichten?

OB Palmer schreibt: „Es ist nicht Aufgabe der Stadt, einzelne Gruppen von Beschäftigten in der Innenstadt mit billigen Stellplätzen zu versorgen. Das ist wenn überhaupt die Aufgabe des jeweiligen Arbeitgebers. Für städtische Beschäftigte gibt es solche verbilligten Stellplätze auch nicht. Dafür hat die Stadt einen Zuschuss zum Jobticket eingeführt. Die Arbeitgeber in der Innenstadt sollten diesem Beispiel folgen oder alternativ einen Zuschuss zum Stellplatz anbieten, wenn dieser unverzichtbar ist. Für Beschäftigte im Einzelhandel besteht aufgrund der günstigen Arbeitszeiten in aller Regel eine sehr gute ÖPNV-Verbindung. Wer im Metropol parken und dann laufen kann, kann auch per Park and Ride mit der Bahn zum Tübinger Hauptbahnhof fahren und dann laufen.“

    Hinweis: Für Arbeitnehmer im Einzelhandel und andere bestehen mitnichten aufgrund der Arbeitszeiten gute Verbindungen. Es kommt auf den Wohnort an. Hirrlinger oder Ofterdinger beispielsweise können nur schwer aufs Auto verzichten.

Alles kostenpflichtig?

OB Palmer schreibt: „Es ist richtig, dass Parken am Stadtrand billiger ist. Das ist wohl in jeder Stadt so. Im Zentrum der Stadt ist Platz knapp und entsprechend teurer. Das kostenlose Parken vor der Paul-Horn-Arena wurde trotz Protesten aus dem Behördenzentrum schon vor einigen Jahren beendet.“

    Hinweis: Das stimmt nur für einen kleinen Teil der Stellplätze. Bewirtschaftet werden die Parkplätze direkt vor der Paul-Horn-Arena an der Freibadzufahrt. Der gesamte Festplatz ist kostenlos.

Zum Dossier: Parken in Tübingen

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Erstellt:
11.01.2018, 20:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec
zuletzt aktualisiert: 11.01.2018, 20:00 Uhr

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