Tübingen · Corona

Wo? Wie? Wie oft? Belege? Was für Reiserückkehrer im Kreis gilt

Reiserückkehrer dürfen sich seit Montag kostenlos testen lassen. Doch noch gibt es nicht mal Formulare.

06.08.2020

Von Ulrich Janßen

Wer in Paleokastritsa auf Korfu war, bringt schöne Bilder und schöne Erinnerungen mit. Und hoffentlich kein Corona. Archivbild: Moritz Hagemann

Wer in Paleokastritsa auf Korfu war, bringt schöne Bilder und schöne Erinnerungen mit. Und hoffentlich kein Corona. Archivbild: Moritz Hagemann

Israel, Indien, Montenegro, USA, Luxemburg: All diese Länder stehen auf der Liste der sogenannten Risikoländer des Robert-Koch-Instituts. Wer aus einem dieser Länder nach Deutschland einreist, muss sich seit Montag auf Corona testen lassen oder für 14 Tage in Quarantäne begeben. Mit der juristisch heiklen Testpflicht will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die anrollende zweite Coronawelle aufhalten. Kostenlos testen lassen können sich seit Montag aber auch Urlauber, die aus weniger riskanten Ländern zurückkehren.

Spahns Vorstoß hat im Kreis Tübingen schon Wirkung gezeigt. „Wir haben wieder sehr viele Anrufe von Reiserückkehrern, die mit der Frage nach dem Test auf uns zukommen“, sagt Martina Guizetti, die Pressesprecherin des Landratsamts. Dabei haben die Ferien gerade erst begonnen.

Die Gesundheitsämter verfolgen Infektionsketten, testen aber nicht selbst. Das Land Baden-Württemberg richtet deshalb zur Zeit an vier Autobahnparkplätzen, fünf Busbahnhöfen und drei Flughäfen Testzentren ein. Von Tübingen aus ist der Flughafen in Echterdingen die nächste Adresse.

Auch Hausärzte zuständig

Zuständig sind aber auch die Hausärzte. „Jeder Reiserückkehrer aus dem Ausland darf sich innerhalb von 72 Stunden kostenlos testen lassen“, versichert Swantje Middeldorff, stellvertretende Pressesprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV). Bund, Land und Kassen ließen sich das „richtig viel Geld“ kosten.

Die KV möchte die Tests gern in spezialisierte Schwerpunktpraxen verlegen, deren Adressen sie aber momentan noch nicht verraten will. „Sonst kommt es möglicherweise zu einem Run auf diese Praxen.“ Interessenten sollten unbedingt ihren Hausarzt anrufen, der sie dann gegebenenfalls zu einer Spezialpraxis schickt. Anders als im März und im April dieses Jahres stünden jetzt immerhin genügend FFP 3-Masken und Schutzkleidungen zur Verfügung.

Was noch nicht zur Verfügung steht, sind die Formulare, mit denen die Ärzte die Tests abrechnen können. Lisa Federle, die stellvertretende Vorsitzende der Kreisärzteschaft, hat wegen der Anlieferung schon bei der Druckerei anrufen lassen. Bislang ohne Ergebnis. Sie bezweifelt auch, dass die Testkapazitäten in den Praxen für den Nach-Urlaubsandrang reichen. Selbst Corona-Schwerpunktpraxen könnten kaum mehr als 20 Abstriche pro Tag vornehmen.

Nachweis ist Voraussetzung

Voraussetzung für den kostenlosen Test ist ein Reise-Nachweis. Doch wie belegt man eine Auslandsreise? In der Verordnung sei das „etwas schwammig formuliert“, räumt Middeldorff von der KV ein. Eine Hotelbuchung reiche wohl aus, ebenso ein Bahn- oder Flugticket. Doch wenn ein Urlauber mit einem Camper unterwegs war? „Dann bringt er vielleicht den Beleg von einer Mautstation mit“, sagt die Pressesprecherin. Irgendwie müsse man dem Arzt die Reise glaubwürdig vermitteln.

Wer getestet wurde, muss bis zu drei Tage auf das Ergebnis warten. „Das ist ein wunder Punkt“, gibt Middeldorff zu. Schließlich kann man in dieser Zeit viele andere Personen anstecken. Unklar ist auch noch, wie das Ergebnis mitgeteilt wird. Positive Resultate übermittelt das Labor zunächst dem Landratsamt. „Unser Auftrag ist es dann“, sagt dessen Sprecherin Guizetti, „Kontakt zum Infizierten aufzunehmen und das übliche Kontaktpersonenmanagement zu starten.“ Negative Testergebnisse werden weniger schnell übermittelt. Manchmal (etwa nach Tests an Flughäfen) können die Betroffenen sie über einen Code und eine App abfragen, manchmal müssen sie direkt beim Arzt nachfragen.

Wer negativ getestet wurde, kann, wenn er sich kurz vorher angesteckt hat, trotzdem positiv sein. Ein zweiter Test nach fünf bis sieben Tagen erfordere zwar noch mehr Kapazitäten, sei aber empfehlenswert, sagt die KV-Sprecherin. Immerhin ist er kostenlos.

Bedarf wird steigen

Ärzte und Landkreis gehen davon aus, dass der Bedarf nach Tests kräftig steigen wird. Der Tübinger Arzt Wolfgang Raiser hat seine Rezeption schon vor einiger Zeit ans Fenster verlegt, viele Abstriche werden bei ihm unter freiem Himmel vorgenommen, so braucht er im Schnitt fünf Minuten für einen Abstrich. Patienten mit typischen Beschwerden kommen in einen separaten Raum, den die Mitarbeiter in Schutzkleidung betreten. Bei Raiser liegt das Ergebnis meist schon nach einem Tag vor.

Die Rückkehr-Regelung sei für die Ärzte „etwas überraschend“ gekommen, meint Raiser, das müsse jetzt erstmal organisiert werden. Schwerpunktpraxen werde es in Tübingen wohl trotzdem nicht geben, da die Ärzte dann ihre normalen Patienten vernachlässigen müssten. Derzeit sei der Andrang aber noch bewältigbar. Und wenn es gegen Ferienende anziehen sollte, setzt Raiser auf die Corona-Container auf dem Festplatz.

Die wollte der Landkreis eigentlich schon abbauen. Doch dann, sagt Guizetti, „haben wir von der KV ein Signal bekommen, dass wir die Container stehen lassen sollen.“ So könne man bei Bedarf schnell wieder starten.

So können Sie sich nach der Reise testen lassen

Prinzipiell ist jeder Hausarzt in der Lage zu testen, doch sollten alle, die sich nach dem Urlaub testen lassen wollen, vorher unbedingt anrufen und einen Termin vereinbaren. Der Test selbst ist kostenlos, aber man sollte ein Dokument mitbringen, mit dem sich die Reise belegen lässt.

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Erstellt:
06.08.2020, 06:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 25sec
zuletzt aktualisiert: 06.08.2020, 06:30 Uhr

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