Reutlingen · Soziales

Niederschwellig und mitten in der Stadt

Das Reutlinger Zentrum für Gemeindepsychiatrie gibt es seit 25 Jahren.

20.09.2021

Von mre

Im Prinzip, sagt PP.rt-Chef Prof. Gerhard Längle, steht diese Einrichtung allen 180 000 Menschen im Landkreis offen. Das Reutlinger Zentrum für Gemeindepsychiatrie hat am Freitag 25-jähriges Bestehen gefeiert. Es bietet niederschwellige Hilfen und Angebote für psychisch Kranke. Seit 2018 macht es in der Gustav-Werner-Straße 8 Begegnungs- und Hilfsangebote für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf: eine Tagesstätte, Ergotherapie, Arbeitsmöglichkeiten, Hilfen im Alltag der Psychiatrischen Institutsambulanz. Pro Tag kommen etwa 130 Menschen ins Zentrum – manche täglich, andere seltener. „Ein zentraler Treffpunkt mitten in der Stadt“, so Längle, niederschwellig, aufsuchend arbeitend und mit sozialpsychiatrischen Angeboten.

Vor 25 Jahren sei die Gründung, damals im „Krankenhäusle“ vor der heutigen Stadthalle, eine Pionierleistung gewesen. Die Idee hatte der vormalige GP.rt-Geschäftsführer Rainer Kluza. Vorher wurden psychisch Kranke praktisch nur in Kliniken versorgt. Aus dem Reutlinger Projekt ist 2004 eine Landeskonzeption mit Mindeststandards für solche Zentren entstanden – die je nach den Trägerstrukturen in den Landkreisen unterschiedlich gut funktionieren.

Die Träger stünden zugleich in Konkurrenz und kooperierten dennoch, erläutert Prof. Jürgen Armbruster, stellvertretender Vorstandschef der evangelischen Gesellschaft in Stuttgart, die mit ihrem Integrationsfachdienst Clusiona beteiligt ist. „Wir haben immer wieder neu um Inhalte gerungen.“ Die Zusammenarbeit habe sich seither eingespielt. Durch die zentrale Bündelung müssten Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf nicht im gesamten Stadtgebiet danach suchen. „Sie wollen Teil der Gesellschaft sein, brauchen aber auch Räume, in denen sie unter sich und geschützt sind.“

Schon nach zwei Jahren, erinnert sich Kluza, sei das Krankenhäusle aus allen Nähten geplatzt. Um die Jahrtausendwende zog das Zentrum zunächst ins gegenüberliegende Hamburg-Mannheimer-Hochhaus. Der Neubau wurde 2018 bewusst im Stadtzentrum errichtet – obwohl es in Randbezirken billigere Objekte gegeben hätte.

Das Zentrum hat keine eigenen Beschäftigten und keine Dachorganisation. Die Träger haben einen Kooperationsvertrag abgeschlossen und treffen verbindliche Absprachen. Sie haben ein gemeinsames Aufnahmesystem für ambulante Klienten. Ziel ist, Nutzerinnen und Nutzern komplexe Organisationsstrukturen möglichst einfach zugänglich zu machen, so Reinhold Eisenhut, Geschäftsführer des Vereins für Sozialpsychiatrie. Das Zentrum bündelt Angebote für Arbeiten, Wohnen, Behandlung und soziale Teilhabe. „Jeder der kommt, bringt ein anderes Päckle mit“, sagt Armbruster.

Die Träger des Zentrums

Die vier Träger des Reutlinger Zentrums für Gemeindepsychiatrie sind heute die Psychiatrische Klinik PP.rt in Reutlingen, die Gesellschaft für Gemeindepsychiatrie GP.rt, eine gemeinsame Tochtergesellschaft der Bruderhaus-Diakonie und des Zentrums für Psychiatrie in Zwiefalten, sowie der Zwiefalter Verein für Sozialpsychiatrie und die Tübinger Gesellschaft für Sozialpsychiatrie und Rehabilitation.