Koalition

Neue Freunde fürs Leben?

Es seien kontroverse, aber gute Gespräche gewesen, so die Ampelianer. Einer freut sich allerdings mehr als die anderen.

25.11.2021

Von Igor Steinle

FDP-Chef Christian Lindner.Foto: Kay Nietfeld/dpa

FDP-Chef Christian Lindner.Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin. „Mehr Fortschritt wagen“, lautet die Überschrift des Koalitionsvertrages von SPD, Grünen und FDP. Dabei sieht der Ort, den sich die Ampel-Parteien für die Vorstellung ihres Projekts ausgesucht haben, so gar nicht nach Zukunft aus: ein alter Industrie­hafen im Berliner Arbeiterviertel Wedding; Güterwaggons, Kräne und dunkler Klinker dominierten das Bild an diesem auch sonst nicht gerade hellen Herbsttag.

Ähnlich trüb wie der Himmel über Berlin war auch die Botschaft, die Olaf Scholz (SPD) verkünden musste, bevor es überhaupt um den Koalitionsvertrag gehen konnte. „Ich weiß, wir hatten alle die Hoffnung, dass dieser Winter kein Coronawinter mehr werden würde“, begann der Kanzler in spe. Leider sei die Lage weiter ernst, weswegen er erstmal einen Maßnahmenkatalog gegen die Pandemie vorstellte. Fünf Minuten später konnte er die eigentliche Botschaft des Tages verkünden: „Die Ampel steht.“

Noch am Vormittag waren die Hauptverhandler der Parteien zusammengekommen, um letzte Konflikte zu klären. Nun ist der Aufgabenkatalog für die kommenden vier Jahre abgesteckt. Dabei hätten sich neue Freunde gefunden, sagte Scholz schon am Wochenende. „Da wächst was zusammen, was zusammenpasst.“

Begonnen hatte das Ampel-Gewächs dabei als gelb-grünes Zitruspflänzchen aus „vorsondierenden“ Grünen und Liberalen, die die Öffentlichkeit Ende September mit einem nächtlichen Selfie überraschten. Mit weitestgehend diskreten Gesprächen, aus denen kaum etwas durchsickerte, demonstrierten SPD, Grüne und FDP einen neuen Politikstil, den FDP-Chef Christian Lindner gar eine „Zäsur in der politischen Kultur Deutschlands“ nannte. Am Mittwoch hatte er der wochenlang auf Distanz gehaltenen Journalistenschaft zumindest zu berichten, dass die Gespräche „genauso kontrovers wie diskret“ geführt worden seien. „Es war manchmal ganz schön anstrengend“, so auch Grünen-Chef Robert Habeck.

Währenddessen hätten sie Olaf Scholz „neu kennengelernt“, so Lindner, der eine wahre Jubelarie auf den zukünftigen Kanzler anstimmte. Scholz sei eine „starke Führungspersönlichkeit“, die über die Erfahrung und Professionalität verfüge, um Deutschland in eine gute Zukunft zu führen. Er klang wie jemand, der nicht undankbar ist, dass diese Zukunft für den künftigen Finanzminister genau das bereithält, was er sich gewünscht hat.