Länger leben mit Sex

Neue Erkenntnisse über Fadenwürmer

Fadenwürmer, die sich paaren, leben länger als Würmer, die sich selbst befruchten. Das fanden Wissenschaftler des Tübinger Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie heraus.

26.02.2016

Von uja

Bild: Jürgen Berger/ Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

Bild: Jürgen Berger/ Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

Tübingen. Sex macht nicht nur Spaß, er bringt auch Schwung in die evolutionäre Entwicklung. Bei der sexuellen Fortpflanzung mischen sich nämlich das Genmaterial von Mann und Frau auf eine meist vorteilhafte Weise. Charles Darwin hat deshalb in seiner Evolutionstheorie die sexuelle Selektion als eine der drei Selektionsarten aufgeführt.

Doch Sex hat nicht nur Vorteile. Er kostet auch viel Energie und Zeit. Vor allem kleine Lebewesen wie etwa Bakterien verzichten deshalb auf den Aufwand. Sie begnügen sich mit einem einzigen Geschlecht und teilen sich bei der Fortpflanzung einfach in zwei Teile. Andere Lebewesen sind in der Lage, sich selbst zu befruchten. Diese Hermaphroditen sind Männchen und Weibchen zugleich.

Die Entwicklungsbiologen, die jetzt die Fortpflanzung bei Fadenwürmern der Gattung Pristionchus (siehe Bild) untersucht haben, wollen herausfinden, welche genetischen Faktoren über das Lebensalter von Organismen entscheiden. Sie fragten sich, ob Sex sich eher günstig oder eher ungünstig auf die Lebensdauer auswirkt.

Ergebnis: Zumindest bei den Fadenwürmen der Gattung Pristionchus leben die Arten länger, bei denen das Weibchen sich auf Sex mit einem Männchen einlässt. Die Max Planck-Forscher haben sich auch Gedanken gemacht, warum das so ist. Zum einen könnte bei den Hermaphroditen, so ihre Vermutung, die permanente Inzucht zur Senkung des durchschnittlichen Lebensalters führen. Zum andern ist es aber auch möglich, dass die Hermaphroditen, weil sie ihre Spermien schon früh produzieren, auch relativ früh damit anfangen können, Nachwuchs zu produzieren. Weil sie zudem mit der Partnersuche keine Zeit vertun müssen, können sie sich ein kurzes Lebensalter leisten.

Anders die sexuell aktiven Weibchen. Da sie erstmal einen Partner finden müssen und zudem beim Sex gewisse Risiken eingehen („es kann vorkommen, dass Weibchen bei der Paarung verletzt werden“, heißt es in der Pressemitteilung des Instituts), müssen sie besonders robust und langlebig sein. Der Dank der Natur für den Stress mit den Männern ist eine bessere Mischung des Erbmaterials beim Nachwuchs. Kinder von sexuell aktiven Eltern sind einfach besser drauf.

Sex machen Fadenwürmer, indem sie sich fest aneinander schlingen. Die Weibchen haben in der Körpermitte eine Vulva, in die sich das Männchen beim Geschlechtsakt mit einem sogenannten „Spicularapparat“ einhakt. Dann überträgt es die Spermien über den Samenleiter.