Tübingen · Weihnachtsspendenaktion

Negativ getestet: „Ihr könnt kommen!“

Zum Auftakt der kostenlosen Schnelltest auf dem Tübinger Marktplatz nutzten 76 Menschen das Angebot. Es soll als Spendenprojekt Teil der Tübinger Teststrategie werden. Auch kostenlose FFP-2 Masken werden verteilt.

26.11.2020

Von Lisa Maria Sporrer

Lange Schlangen bildeten sich am Donnerstagnachmittag vor dem Rathaus auf dem Tübinger Marktplatz vor dem Arztmobil wegen des ersten kostenlosen Corona-Schnelltests. Bild: Ulrich Metz

Lange Schlangen bildeten sich am Donnerstagnachmittag vor dem Rathaus auf dem Tübinger Marktplatz vor dem Arztmobil wegen des ersten kostenlosen Corona-Schnelltests. Bild: Ulrich Metz

Am Abend, erzählte Anni Nothnagel ganz aufgeregt, werde sie, wenn ihr Ergebnis negativ ausfällt, ihre Enkel anrufen und sagen: Ihr könnt kommen! Seit dem vergangenen Weihnachten hat die 77-jährige Pfullingerin ihre Enkel, die in Pforzheim und Esslingen leben, nicht mehr gesehen. Besuche waren ihr zu heikel. Anni Nothnagel war eine der ersten in der Schlange, die sich am gestrigen Donnerstag vor dem Arztmobil auf dem Tübinger Marktplatz bildete.

Zum Auftakt des Weihnachtsspendenprojekts von Lisa Federle in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz (dessen Präsidentin sie ist) nutzten nicht nur zahlreiche Medien die Möglichkeit über die neue Teststrategie der mittlerweile prominenten Notärztin zu berichten. Vor allem die Bürger, für die das Projekt schließlich gedacht ist, nahmen die kostenlosen Schnelltests dankbar an. Schon vor 16 Uhr hatten sich zahlreiche Menschen die Rathausgasse hinab angestellt, um einen Abstrich zu bekommen. Kurz nach 16 Uhr war die Schlange so lang, dass der Ordnungsdienst die Wartenden über den Marktplatz verteilen musste.

Tübingens OB Boris Palmer wird als erster mit dem kostenlosen Corona-Schnelltest von Lisa Federle getestet. Bild: Ulrich Metz

Tübingens OB Boris Palmer wird als erster mit dem kostenlosen Corona-Schnelltest von Lisa Federle getestet. Bild: Ulrich Metz

Bevor die vier Mitarbeiter schließlich anfingen, Abstriche zu nehmen, betonte Lisa Federle nochmals die Bedeutung, die diesem Spendenprojekt zukommen soll: „Keiner soll die Weihnachtszeit zu Hause alleine verbringen müssen.“ Da pflichtete auch Oberbürgermeister Boris Palmer ihr bei: „Das ist eine tolle Aktion“ – die aber kein Ersatz für die offizielle Teststation am Festplatz werden soll. „Das hier ist Teil der Tübinger Teststrategie“, sagte Palmer. In den Pflegeheimen gebe es schon Schnelltests, jetzt müsse man auch etwas für jene tun, die zu Hause leben.

Schon vor Monaten, als die Infektionszahlen nach den Sommerferien wieder stiegen, hatte Federle die Idee, kostenlose Tests für Angehörige von alten Menschen oder Risikopatienten anzubieten. Ursprünglich sollten sie für Menschen mit wenig Geld gedacht sein, etwa Jugendliche, die Oma oder Opa besuchen wollen und sich die rund 40 Euro, die ein Schnelltest beim Arzt im Schnitt kostet, nicht dauernd leisten können. Seit klar ist, dass das Projekt Teil der Weihnachtsspendenaktion des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs ist, will Federle aber keine Begrenzungen machen. Denn auch, wer sich einen solchen Test leisten kann, komme oft nicht ohne weiteres an ihn ran. „Dann sollen sich die Menschen doch bei uns testen lassen und dem TAGBLATT dann eine Spende überweisen“, sagt sie. Zusätzlich zu den Tests werden bei dem Arztmobil kostenlos FFP-2 Masken an ältere Menschen verteilt.

Das Arztmobil und die Tübinger Teststrategie sind wohl nicht mehr voneinander zu trennen: Auf dem Plakat, das der Musiker Dieter Thomas Kuhn und sein Bandkollege Philipp Feldtkeller für das Weihnachtsspendenprojekt designt haben, wird das Arztmobil gar von überirdischen Mächten geleitet. Bild: Feldtkeller

Das Arztmobil und die Tübinger Teststrategie sind wohl nicht mehr voneinander zu trennen: Auf dem Plakat, das der Musiker Dieter Thomas Kuhn und sein Bandkollege Philipp Feldtkeller für das Weihnachtsspendenprojekt designt haben, wird das Arztmobil gar von überirdischen Mächten geleitet. Bild: Feldtkeller

Rund 25.000 Tests für insgesamt 100.000 Euro hat Federle vorrätig. Das Deutsche Rote Kreuz ist dafür in Vorleistung gegangen. „Wenn die Summe nicht zusammen kommt, werde ich den Rest aus eigener Tasche bezahlen“, sagt Federle. Denn weder das Land, noch das Landratsamt werden diese Tests (mit-)finanzieren. „Das ist ja nicht Teil einer offiziellen Teststrategie. Das ist eine Lücke, die sonst niemand füllt. Das ist halt Tübingen. Und es macht echt Spaß mit den Menschen hier gemeinsam so was auf die Beine zu stellen“, sagt Federle.

Gemeint ist damit auch Dieter Thomas Kuhn, der Schlagersänger, der sagt: „Wenn die Lisa ruft, dann helfe ich. Sofort.“ Und „die Lisa“ hatte in Vorbereitung des Projekts bei Kuhn um Hilfe gebeten. Um die Aktion noch bekannter zu machen, hat Kuhn mit seinem Bandkollegen Philipp Feldtkeller ein Plakat entworfen, layoutet und gedruckt, das nun in Tübingen, Rottenburg und Mössingen aufgehängt werden soll. Wo das Arztmobil an welchen Tagen steht, ist täglich aus dem TAGBLATT zu erfahren. Denn nach dem großen Andrang am ersten Tag denkt Federle schon darüber nach, die Zeiten zu verlängern.

Vorstellung der kostenlosen Corona-Schnelltests im Arztmobil mit Boris Palmer, Lisa Federle und Thomas Kuhn. Bild: Ulrich Metz

Vorstellung der kostenlosen Corona-Schnelltests im Arztmobil mit Boris Palmer, Lisa Federle und Thomas Kuhn. Bild: Ulrich Metz

„Ich war ganz baff, dass am ersten Tag so viele Leute kommen“, sagt sie. 76 waren es, drei davon bekamen ein positives Testergebnis. „Es werden sicherlich einige Menschen kommen, ohne dass sie jemanden besuchen gehen“, schätzt Christa Lucke vom Kreisseniorenrat. Sie wird während des Projekts immer wieder ehrenamtlich die Abstriche nehmen. „Aber wenn von diesen Menschen auch nur ein positiv Getesteter dabei ist, hat es sich schon gelohnt.“

Wer bei den Schnelltests einen positiven Befund bekommt, kriegt das schriftlich und muss zur Sicherheit bei einem Arzt oder der Teststrecke am Festplatz einen PCR-Test machen. Hundertprozent sicher sind die Ergebnisse der Schnelltests aber nicht. Der US-Riese Abbott, dessen Antigentests Federle benutzt, nennt eine Trefferquote von 93,3 Prozent und eine Genauigkeit von 99,4 Prozent.

„Es ist halt auch nur eine Momentaufnahme“, sagt Peter Maak, der sich in der langen Schlange auf dem Marktplatz angestellt hat, um seinen 80-jährigen Bekannten besuchen zu können. „Das ist eine wirklich gute Aktion hier“, sagte er. Das findet auch der Dettenhäuser Bürgermeister Thomas Engesser, der Federle anrief, als er von dem Projekt erfuhr. „Wir wollen hier in Dettenhausen eine Außenstelle aufmachen“, sagt er. Damit sich alle Menschen im Ort ebenfalls testen lassen können.

So können Sie für Tests beim Arztmobil, für Kunst und Kultur oder für die Palliativstation spenden

Negativ getestet: „Ihr könnt kommen!“
Spenden können Sie auf das Konto des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs bei der Kreissparkasse Tübingen (IBAN: DE94 6415 0020 0000 1711 11).

Bitte vermerken Sie, wenn Sie eine Spendenquittung benötigen, und fügen in diesem Fall Ihre vollständige Adresse hinzu.

Wollen Sie ein bestimmtes Projekt unterstützen (Projekt 1 „Arztmobil“, Projekt 2 „Kunst und Kultur“ oder Projekt 3 „Palliativstation“), bitten wir ebenfalls um einen entsprechenden Vermerk.

Gemäß Art. 13 DSGVO sind wir verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass wir Name, Adresse und Spendenbetrag der Leser/innen, die eine Spendenbescheinigung wünschen, an die begünstigten Organisationen übermitteln.

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Erstellt:
26.11.2020, 22:49 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 47sec
zuletzt aktualisiert: 26.11.2020, 22:49 Uhr

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