Tübingen

Nacht auf Sonntag: Erneute Bota-Räumung, aber positive Polizeibilanz

Nach den Krawallen in der Nacht auf Samstag, hat sich das TAGBLATT in der vergangenen Nacht im Alten Botanischen Garten umgesehen. Der Eindruck deckt sich mit den Auskünften der Polizei: Es ist recht friedlich zugegangen.

06.06.2021

Von Moritz Hagemann

Auch ein Hund begleitete die Beamten auf ihrem Streifzug. Bild: Ulmer

Auch ein Hund begleitete die Beamten auf ihrem Streifzug. Bild: Ulmer

Es dröhnt Musik durch den Park, ein paar Unaufhaltsame spielen bis tief in die Nacht „Bier-Pong“, die Polizei hat sich zunächst mit insgesamt rund 20 Beamtinnen und Beamten in Kleingruppen formiert und geht unentwegt über die schmalen Wege. Die Devise lautet: beobachten und Präsenz zeigen.

Mal flackert das helle Licht der Polizei-Taschenlampen durch den Park, mal zieht das Kamerateam des SWR durch sein auffälliges Licht die Blicke auf sich. Der Großteil des Geschehens spielt sich auf der großen Wiese in der Parkmitte ab, einige haben es sich auf Decken gemütlich gemacht. Auch die vielen Bänke ringsherum sind belegt. Im weiten Grün ein Meer an leeren Flaschen, von denen ein Flaschensammler einige mit einem Lächeln in seine Tüten packt. Das ist das Bild, welches in der Nacht auf Sonntag gegen 0 Uhr im Alten Botanischen Garten zu sehen ist.

Hier und da hat mal einer der überwiegend jungen Feiernden sichtbar einen Schluck zu viel getrunken, da fällt der ein oder andere flapsige Spruch gegenüber den Beamten, ein bisschen Anspannung liegt in der Luft – doch von Krawallen, von Schlägereien, wie etwa in der Nacht zu Samstag, ist nun nichts zu sehen. „Die meisten chillen, Stress machen immer nur einzelne Leute“, sagt ein Feiernder, der nach seinen Angaben auch in der Nacht zuvor hier unterwegs gewesen ist.

Streife im Botanischen Garten: Die Polizei war in der Nacht zum Sonntag mit einigen Kräften vor Ort. Bild: Ulmer

Streife im Botanischen Garten: Die Polizei war in der Nacht zum Sonntag mit einigen Kräften vor Ort. Bild: Ulmer

„Es ist ruhiger“, stellt auch Polizeisprecher Michael Schaal kurz vor Mitternacht am Samstagabend beim „Museum“ fest. Dort hat sich die Polizei mit mehreren Fahrzeugen postiert. Schaal schätzt, dass etwa 400 Personen im Park seien. In anderen Städten in der Nähe, beispielsweise in Reutlingen, gebe es solchen geballten nächtlichen Treffen übrigens nicht, sagt der Polizeisprecher.

Nicht zu übersehen ist jedoch auch in der Nacht auf Sonntag, dass sich die Feiermeute vielfach nicht an die gültige Corona-Verordnung hält. Wer mit Maske herumläuft, fällt auf. Auch müssten schon viele Wohngemeinschaften unterwegs sein, wenn die teils Achter- oder Zehnergruppen tatsächlich alle aus nur aus drei Haushalten kommen sollen. Anfangs habe man die Gruppen noch darauf hingewiesen, doch mit steigendem Alkoholpegel bei den Betroffenen ergebe das weniger Sinn, erklärt einer der eingesetzten Polizisten.

Die Polizei, so Schaal, habe ihre Präsenz nach den Vorfällen in der Nacht auf Samstag erhöht, „damit es gar nicht zu Schlägereien und Auseinandersetzungen kommt“. Nach Mitternacht trifft weitere Verstärkung ein. Die Pegel unter den inzwischen 600 Feiernden steigen, dann ertönen Lautsprecher-Ansagen der Polizei: Die Menschen sollen den Park verlassen, er werde geräumt – zum dritten Mal in vier Tagen. Viele kommen der Bitte nach.

Abstände und Kontaktbeschränkungen wurden vielfach nicht eingehalten. Bild: Ulmer

Abstände und Kontaktbeschränkungen wurden vielfach nicht eingehalten. Bild: Ulmer

Gegen 1 Uhr formiert sich die Hundertschaft in einer Reihe und beginnt den Botanischen Garten zu räumen: Etwa 250 Personen sind nach Polizei-Schätzungen noch da, ein bisschen Hektik kommt auf, doch nach einer guten Viertelstunde ist die Aktion recht reibungslos beendet. Ein Beamter, sagt Schaal, sei dabei beleidigt worden.

Hinterher zeigt noch eine Person eine Körperverletzung unter Feierenden an. Kein Vergleich zu den zahlreichen Verletzten aus der Nacht davor. „Es war definitiv nicht so schlimm wie die Nächte zuvor“, bilanziert Schaal am Sonntagmorgen am Telefon. „Wir können jetzt mal eine positive Bilanz ziehen.“

Palmer erwägt Ausweitung des Alkoholverbots

Bereits am Samstagmittag hatte Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer dem TAGBLATT mitgeteilt, dass er das ab 22 Uhr geltende Alkoholverbot von der Altstadt auch auf den Botanischen Garten, den Anlagenpark und die Platanenallee ausweiten, die Polizei diesem Vorhaben aber bislang nicht folgen wollte. „Wenn die Polizei Handlungsbedarf sieht, werden wir nicht zögern, die Allgemeinverfügung auszuweiten“, sagte Palmer nun. Ein Verweilverbot halte er dagegen nicht für sinnvoll.

Auf dem Holzmarkt, auf dem bereits das Alkoholverbot ab 22 Uhr gilt, hielten sich am Samstagabend nach Polizeiangaben etwa 150 Menschen auf. Die seien aber einsichtig gewesen und verließen den Platz vor der Stiftskirche nach 22 Uhr auch zeitig, teilte die Polizei mit. Auf der Platanenallee mussten die Beamten am Abend eine größere Gruppe von 100 Personen, die dort auch laut Musik hörte, ermahnen, doch auch diese habe sich einsichtig gezeigt.