Parteitag

Nach schlechter Bundestagswahl: Denkzettel für CDU-Landeschef Thomas Strobl

Die offene Konfrontation zwischen dem Landeschef und seinen Kritikern nach der Wahlschlappe im Bund bleibt aus. Dessen Wahlergebnis zeigt aber, dass es in der Partei gärt.

15.11.2021

Von Theo Westermann

Freut sich über seine Wiederwahl: CDU-Landeschef Thomas Strobl. Bild: Uwe Ansbach/dpa

Freut sich über seine Wiederwahl: CDU-Landeschef Thomas Strobl. Bild: Uwe Ansbach/dpa

Mannheim. Ein gelassener Thomas Strobl geht zu Beginn des Parteitags durch die Reihen, spricht mit vielen Delegierten, scherzt. Im Foyer gibt es durchaus strittige Debatten, was seine Rolle an der Spitze der Südwest-CDU angeht. Doch beim Tagesordnungspunkt Aussprache passiert nichts, kein Delegierter meldet sich. Die Kritiker Strobls sind entweder nicht angereist – oder sie schweigen. Der Parteitag eilt früher als geplant in die Mittagspause zu Spätzle mit Gulasch und Rotkraut.

Manch Delegierter erklärt im Foyer dieses Schweigen mit der Sehnsucht vieler, dass es nun endlich vorbei sei mit der Personaldebatte – und mit den kritischen Diskussionen bei den Versammlungen im Vorfeld. Um 12.45 Uhr steht fest: 290 Delegierte geben ihre Stimme ab. Zwölf Delegierten enthalten sich, 185 Delegierte votieren für Strobl, 93 gegen ihn, das sind 66,5 Prozent, deutlich entfernt von jener knappen Mehrheit, die ihm mancher im Vorfeld prophezeite. 2019 hatte er noch 83,3 Prozent erreicht. Der Parteitag steht auf und applaudiert.

„Ehrliches Ergebnis“

Als „ehrliches Ergebnis“ bewerten mehrere Landtagsabgeordnete das Votum, erinnern daran, dass sich in Mannheim eben die Funktionärsebene der Partei trifft, in der Strobl bestens vernetzt ist – und in der ihm mancher viel verdankt. Der ein oder andere Strobl-Unterstützer ärgert sich über das Nein-Votum mit dem Stimmzettel, ohne offen Position zu beziehen.

In seiner Rede zu Beginn des Parteitags präsentiert Strobl nicht den großen Programmentwurf der Zukunft, schlägt aber einen großen Bogen, streichelt die Seele der Partei, übt angemessene Selbstkritik. Er wünsche sich als Signal von Mannheim, dass die CDU die Partei der Zukunft sei. „Die Zukunft hängt von uns ab, wir können sie gestalten.“ Strobl verteidigt die Entscheidung zur Fortsetzung einer grün-schwarzen Koalition in Stuttgart, dies sei der Unterschied zwischen „Macht oder Ohnmacht“. „Wenn man in die Opposition geht, setzt man null Prozent seines Wahlprogramms um.“ Der Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident verweist auf den neuen Geist in der CDU-Landtagsfraktion, die Rolle der CDU in der Landespolitik etwa bei der Inneren Sicherheit, aber auch im Klimaschutz.

Gegen das positive Modell im Land im Umgang mit Krisen setzt Strobl wie zur Abschreckung den Bundestagswahlkampf: „Im Bund wurde das leider vergeigt, da gibt es nichts zu beschönigen. Wir haben es maximal falsch gemacht.“ Man habe keine Themen gehabt, nach der Wahl die kleine Chance auf Jamaika selbst „vergeigt“. Strobl verweist auf die starke Verwurzelung der Südwest-CDU in Kreisen und Kommunen und blickt auf die Kommunalwahl 2024. Es gelte dieses „starke Wurzelgeflecht“ zu stärken.

Und er erinnert an den von ihm eingeleiteten Reformprozess, etwa an der Spitze der Fraktion mit Manuel Hagel. „Er führt die Landtagsfraktion mit großem Geschick. Es ist eine Freude mit dir zusammenzuarbeiten“, sagt Strobl in Richtung des 33-Jährigen aus Ehingen, in dem viele Christdemokraten einen Hoffnungsträger für die Landtagswahl 2026 sehen. Hagel kommentiert das Wahlergebnis von Strobl so: „Keine Frage, Thomas Strobl hätte ein besseres Ergebnis verdient gehabt. Wahlergebnisse sind aber kein Schönheitswettbewerb.“ Strobl werde den Prozess der Erneuerung weiter moderieren und ihm Struktur verleihen.

Die bisherige kommissarische Generalsekretärin Isabell Huber füllt in ihrer Rede die programmatische Leerstelle etwas auf: „Ich kümmere mich gerne um soziale Themen in der Politik. Ich sehe das ‚C‘ als übergeordnetes und verbindendes Element.“ Sie verweist auf die steigenden Energiepreise, die die Menschen belasteten, fordert Klimaschutz, der den wirtschaftlichen Erfolg nicht gefährdet. Wie Strobl schreibt sie sich eine Erneuerung der Partei auf die Fahnen. Der Parteitag belohnt sie und ihre bisherige Arbeit mit einem Ergebnis von 74,9 Prozent.

Neue Vize-Chefin

Was nach der Personalie Strobl passiert, bietet einen Ausblick auf künftige Aufstellungen der Partei: Neue Stellvertreterin wird mit dem besten Ergebnis des Stellvertretertrios Stefanie Bürkle. Die 52-jährige Landrätin aus Sigmaringen war schon federführend bei den Koalitionsverhandlungen dabei. „Ich möchte, dass wir in unserer Partei Veränderungen annehmen und sie auch gestalten.“ Sie ersetzt Annette Widmann-Mauz, die nicht mehr antritt. Der Europaabgeordnete Daniel Caspary und der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei bleiben Stellvertreter.

Infobox: Keine Hymne wegen Corona

Mit dem Singen der Nationalhymne beschließt die CDU traditionell ihre Parteitage. Beim Präsenzparteitag der Südwest-CDU in Mannheim am Samstag allerdings waren die 300 Delegierten aufgefordert, auf das Trällern zu verzichten – aus Infektionsschutzgründen. „Der Gesundheitsschutz geht einfach vor“, erklärte Landeschef Thomas Strobl. dpa

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Erstellt:
15.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 15.11.2021, 06:00 Uhr

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