Improvisieren nach dem Feuer

Nach dem Brand einer Ladenzeile in Mössingen müssen zwei Geschäftsfrauen hohe Schäden bewältigen

Die geborstenen Fenster sind mit Holzplatten verbarrikadiert.Die Fassade oberhalb des Eingangs ist rußgeschwärzt. Vor dem Haus liegen Reste angekokelter Zeitungen und Schutt.

10.01.2017

Von Moritz Siebert und Eike Freese

Im Eingangsbereich des Geschäftshauses in der Mössinger Grabenstraße war am vergangenen Freitag ein Feuer ausgebrochen (wir berichteten) – und noch am selben Nachmittag fassten Polizisten einen Tatverdächtigen. Zeugen hatten zuvor beobachtet, wie der 50-Jährige an einem Altpapierstoß im Hauseingang zündelte. Aus der vorläufigen Festnahme des Mannes ist inzwischen Untersuchungshaft geworden, wie Polizeisprecher Josef Hönes gestern dem TAGBLATT berichtete: Er sitzt wegen Verdachts auf Schwere Brandstiftung derzeit im Tübinger Untersuchungsgefängnis ein.

16.01 Uhr: Im Eingangsbereich des Geschäftsgebäudes brennt Altpapier.

16.01 Uhr: Im Eingangsbereich des Geschäftsgebäudes brennt Altpapier.

Der mutmaßlich von ihm entzündete Papierstapel richtete in kurzer Zeit immensen Schaden an. „Es war erschreckend, zu sehen, wie schnell das gegangen ist“, berichtet etwa Ingrid Kleinlugtenbeld. Die Mössingerin und ihr Mann waren zu diesem Zeitpunkt gerade von einem Spaziergang zurückgekommen, als sie von weitem Rauch erblickten. Die Feuerwehr war bereits alarmiert. Ihr Mann und einige andere Passanten versuchten, das brennende Altpapier zu löschen, mit Besen und einem Verkehrsschild. Ein Feuerlöscher, den die Helfer auftrieben, funktionierte nicht. Wasser konnten sie zwar in Eimern von Anwohner holen – doch das reichte längst nicht mehr. Das Feuer griff auf die Ladengeschäfte über, es brannte lichterloh.

Flammen nach wenigen Minuten

16.02 Uhr: Die Flammen greifen blitzschnell auf das Gebäude über.

16.02 Uhr: Die Flammen greifen blitzschnell auf das Gebäude über.

Gefühlt habe es eine Ewigkeit gedauert, bis die Feuerwehr eintraf, erinnert sich Kleinlugtenbeld. Tatsächlich waren es nur wenige Minuten. Kleinlugtenbeld hielt die Entwicklung des Feuers mit der Kamera fest, und ihre Fotos dokumentieren auch die exakte Uhrzeit, zu der sie entstanden sind (siehe Bilder): Nur sieben Minuten nach dem Ausbruch hatte die Feuerwehr die Flammen unter Kontrolle. Als 27 Einsatzkräfte eintrafen, schlugen die Flammen meterhoch aus dem Hauseingang und drohten, auf die darüberliegenden Wohnungen und die Nachbargebäude überzugreifen.

16.03 Uhr: Der Eingangsbereich brennt lichterloh.

16.03 Uhr: Der Eingangsbereich brennt lichterloh.

Im Haus selbst befanden sich noch ein Erwachsener und ein Kind. Unter Atemschutz löschten die Helfer zunächst den Brand vom Treppenhaus her und von außen. Zeitgleich wurde ein weiterer Trupp eingesetzt, um im verrauchten Treppenhaus, das zu Wohnungen und Gewerberäumen in den oberen Etagen führt, Abluft-Öffnungen zu schaffen und die beiden Personen im Dachgeschoss zu betreuen. Über die Drehleiter retteten Feuerwehrleute die beiden aus dem Dachgeschoss.

Zwei Geschäfte sind besonders von den Brandschäden betroffen: Im Schöne-Dinge-Laden „Echt Liebenswert“ von Dagmar Gauger ist das Büro zu hundert Prozent zerstört und auch im Lager richteten die durch ein gesprungenes Fenster eindringenden Flammen verheerenden Schaden an. Im Geschäft selbst sind alle Waren verrußt und vermutlich ebenfalls wertlos. Gutachter werden den Schaden prüfen, das Geschäft ist versichert. „Existenzbedrohend ist es für mich persönlich glücklicherweise nicht – wenn man überhaupt von Glück reden kann in dieser Situation“, sagt Gauger desillusioniert. Nur einige Waren, die in einem anderen Lager waren, kann sie derzeit noch über das Internet verkaufen. Dass die mutmaßliche Brandstiftung gegen sie oder andere Nutzer des Hauses persönlich gerichtet war, glaubt Gauger nicht.

16.08 Uhr: Die Feuerwehr hat den Brand unter Kontrolle.Bilder: Kleinlugtenbeld

16.08 Uhr: Die Feuerwehr hat den Brand unter Kontrolle.Bilder: Kleinlugtenbeld

„Ich weiß noch gar nichts“, sagt Silke Saur, Inhaberin des ebenfalls betroffenen Reisebüros „Holiday“. Gestern Mittag wartete sie noch auf einen Versicherungsvertreter. Erst wenn der den Schaden begutachtet hat, kann Saur mit aufräumen beginnen. Und dann wird auch erst klar werden, wie umfangreich die notwendigen Renovierungsarbeiten tatsächlich ausfallen werden. Die Fensterscheiben am Eingang sind geborsten und im Eingangsbereich ist alles rußgeschwärzt. Die Technik im Laden ist allerdings nicht betroffen, berichtet Saur: Die Computeranlage funktioniert noch.

Der Geschäftsraum bleibt vorerst dicht, das Reisebüro ist aber trotzdem erreichbar, telefonisch und per Mail – aber auch persönlich: Saur ist meistens vormittags vor Ort im Büro, die Kunden können über den Hintereingang rein. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, fasst Saur zusammen.

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Erstellt:
10.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 10.01.2017, 01:00 Uhr

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