49 Schilder weisen Autofahrern den Weg zum Parkplatz

Nach 15 Jahren Planung startet nun der Betrieb des Tübinger Parkleitsystems

49 Schilder in der Stadt sollen Autofahrern helfen und den Handel stärken: Nach 15 Jahren der Diskussion und Planung beginnt in Kürze der Betrieb.

05.03.2018

Von Moritz Hagemann

Mit einem Bibelzitat hat Oberbürgermeister Boris Palmer am Montagmittag „das langlaufendste Projekt meiner Amtszeit“ abgeschlossen: „Es werde Licht“, sagte er, als er in der Tübinger Europastraße unter einem Schild des neuen Parkleitsystems stand. Das TAGBLATT beantwortet die wichtigsten Fragen dazu:

Wie funktioniert das System? 49 Schilderstandorte gibt es in der Stadt, 20 davon sind dynamisch. Heißt: Sie zeigen freie Parkplätze in Echtzeit an. Alle Parkhäuser stehen entlang zweier Routen: Zentrum Nord und Süd – wobei der Neckar die Grenze ist und sich die Schilder farblich unterscheiden (siehe Bild). Projekte, wie der neue Busbahnhof, wurden in der Streckenführung schon berücksichtigt.

Wann geht es in Betrieb? Aktuell läuft die Probephase. „Nichts wäre peinlicher als eine Falschmeldung auf der Anzeige“, sagte Tiefbauamtsleiter Albert Füger. Deshalb sind auf dem System auch noch keine, oder nur in seltenen Einzelfällen, Zahlen zu erkennen. Erst wenn alles zu einhundert Prozent funktioniert, beginnt der Echtzeitbetrieb. Reiner Schwenkel, der für den Partner Siemens das Projekt leitet, spricht von vier bis sechs Wochen, die im Regelfall an Testzeit nötig sind. Noch im Laufe des März dürfte es deshalb soweit sein. Ähnliche Systeme hat Siemens bereits in Freiburg, Karlsruhe, Konstanz oder Pforzheim in Betrieb gebracht. Schwenkel: „Da hatten wir über 10, 15 Jahre kaum Ausfälle.“

Welche Parkhäuser sind einbezogen? Auf der Route Nord das derzeit geschlossene Parkhaus am Nonnenhaus, das Parkhaus König, die Flächen bei Rewe/Saturn in der Weststadt sowie das Parkhaus in der Brunnenstraße. Die Südroute umfasst die Parkhäuser Neckar und Metropol. Alle sechs zusammen bieten knapp 2000 Autos Platz. Das Parkleitsystem sei später, im Hinblick auf die Tiefgarage am Europaplatz, „erweiterbar in viele Richtungen“, erklärte Schwenkel.

Was kostet’s? Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 550 000 Euro. Zuschüsse gab es vom Land (211 000 Euro) sowie von den Tübinger Stadtwerken (100 000 Euro), denen fünf Parkhäuser im Stadtgebiet gehören. Tiefbauamtsleiter Füger beziffert zudem die jährlichen Unterhaltungskosten auf gut 50 000 Euro. Kostendeckend sei das System nicht, „sondern Service und Information“ (Palmer).

Was sind die Vorteile? Vor allem der Handel in der Stadt soll gestärkt werden. Jörg Romanowski, der Vorsitzende des Tübinger Handel- und Gewerbevereins (HGV), hält die vielen Einbahnstraßen im Zentrum für ein Hindernis: „Für Fremde ist das Verkehrsnetz schwierig.“ Das Parkleitsystem soll nun „die Umwege für Autofahrer verringern und die Parkhäuser auslasten“, sagte Palmer. Dass allerdings die Luft in der Stadt besser werden könnte, wenn die Autos weniger Umwege fahren, „da sehe ich nun keinen Zusammenhang“, erklärte der Oberbürgermeister.

Wie ist die Parksituation in der Stadt? Seit einiger Zeit kämpft Palmer gegen sein Image als Autogegner und „ein Vorurteil“, wie er sagte. Nämlich, dass es in Tübingen zu wenige Parkplätze gibt. Außer bei Großveranstaltungen wie der Chocolart seien „jederzeit freie Plätze in den Parkhäusern“ verfügbar. Ortwin Wiebecke, Geschäftsführer der Stadtwerke, bestätigte dies: „In dieser Hinsicht ist Tübingen besser als der Ruf der Stadt.“ Dass die Leute bald sehen, wie viele Plätze tatsächlich frei sind, ist für Palmer „die halbe Miete“.

Warum dauerte die Umsetzung so lange? Der HGV kämpft seit 2003 für ein solches System, Palmer seit seinem Amtsantritt 2007. „Wir haben immer nachgebohrt“, sagte Romanowski. Zunächst sprach die Finanzkrise dagegen, dann sah der Gemeinderat nicht die Notwendigkeit einer solchen Investition. Ausgerechnet die Grünen-Fraktion hatte sich gewehrt, aber auch so nicht mehr existierende Parteien wie die Tübinger Linke Liste (TüLL) oder die Wählerinitiative unabhängiger Tübinger (WUT).

Als ein Parkleitsystem vor fünf Jahren dann schließlich im Haushalt verankert war, schien alles klar. „Das Parkleitsystem wird schon 2015 aktiv sein“, versprach Palmer im Wahlkampf gegen Beatrice Soltys 2014. Inzwischen sind die Bundesstraßen in den Besitz der Stadt übergegangen, was Förderungen möglich machte. Außerdem war das Planungsamt zeitweise chronisch unterbesetzt, weshalb die Planung erst Ende 2015 in Auftrag gegeben und vom Planungsausschuss 2017 abgesegnet wurde. Im Hinblick auf das derzeit geschlossene Nonnenhaus-Parkhaus sagte Stadtwerke-Geschäftsführer Wiebecke: „Jetzt kommt das System genau zur richtigen Zeit.“