Weiber-Wirtschaft

Mut-Macherin

Bärbel Renner leitet seit 2017 die Kommunikation und Verwaltung der experimenta gGmbH in Heilbronn und hat dafür ihren komfortablen Beamtenstatus an den Nagel gehängt. Warum? Weil der quirligen 58-jährigen nie die Lust an Neuem und Spannendem ausgeht.

29.03.2019

Von Simone Maier

„Marken aufzubauen zählt für mich zum Spannendsten überhaupt“, sagt Bärbel Renner. Das Thema hat sie konstant begleitet – von der Dissertation bis zu ihrer jetzigen Aufgabe bei der experimenta. Bild: Terzo Algeri

„Marken aufzubauen zählt für mich zum Spannendsten überhaupt“, sagt Bärbel Renner. Das Thema hat sie konstant begleitet – von der Dissertation bis zu ihrer jetzigen Aufgabe bei der experimenta. Bild: Terzo Algeri

Sie sagt zwar selbst, dass es „große Sprünge“ in ihrem Lebenslauf gebe, doch wenn sie so erzählt, verliert man selten den roten Faden. Die in Ellwangen geborene Bärbel Renner hat in Tübingen und Wien Germanistik und Geschichte studiert. Gewohnt hat sie damals in einem Kellerzimmer mit Blick auf Autokennzeichen. Die Professoren Jens und Küng hat sie mit großer Neugierde verfolgt und auch beim Studium Generale alles mitgenommen, was zeitlich möglich war. Einen einjährigen Studien-Abstecher nach Wien hat sie genutzt, um sich in mittelalterlicher Geschichte weiterzubilden, wenngleich sie eine regelmäßige Besucherin des Burgtheaters und der Wiener Staatsoper war. Ihren heutigen Mann hat sie im Studium kennengelernt. Er, Lehrer in Böblingen, sie, Verlagsredakteurin in Hannover. So pendelten die beiden vier Jahre lang hin und her, ganz ohne ICE und Handy, bevor sie ins Schwabenland zurückkehrte und dann bei verschiedenen großen Verlagen tätig war, zuletzt als Programmleiterin beim Hampp-Verlag in Stuttgart.

Mit 40 wurde sie Mutter und das veränderte doch schlagartig vieles. „Wie geht‘s beruflich weiter, was mache ich als nächstes, wie bekomme ich alles unter einen Hut?“ Alles Fragen, die sich sich zu diesem Zeitpunkt stellte. Doch eins war immer klar: Sie wollte neue Herausforderungen. Dass diese nicht lange auf sich warten ließen, war spätestens nach dem ersten Anruf der Hochschule für Medien in Stuttgart klar, der ihr eine Krankheitsvertretung anbot. „Das will ich machen, das ist meins,“ war sie nach den ersten Vorlesungen überzeugt. Wenngleich es hieß: Raus aus der Verlagsbranche, rein in die Wissenschaft. Kaum dort, war sie auch gleich im „Nachwuchsprogramm des Landes für Professorinnen“, bei dem man sich bis zum Alter von 42 bewerben konnte. Drei Monate vor ihrem 42. Geburtstag war sie genommen und bekam den Zuschlag für eine Halbtagesstelle in der Lehre in Kombination mit einer Promotion. „Diese drei Jahre Doktorarbeit waren mit die härtesten Jahre,“ schmunzelt Renner. „Auf der einen Seite war diese Dissertation ein großer Luxus für mich, auf der anderen Seite war es schwierig, mich theoretisch und wissenschaftlich mit Themen zu beschäftigen, mit denen ich mich davor 14 Jahre lang praktisch beschäftigt habe“, reflektiert sie. Pünktlich mit 45 hat sie ihre Arbeit über Kommunikationspolitik an der LMU München mit summa cum laude abgeschlossen und bekam eine Professur im Bereich Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Medien und Kommunikation.

Ihr Ansatz, praxisnahe Projekte, „echte Probleme und Fragestelltungen“ zu behandeln und mit den Studierenden zu diskutieren, kam an. 2011 wurde sie zur Professorin des Jahres gewählt, für ihr besonderes Engagement und als „Wegbereiter für Karrieren.“ Den jungen Studierenden Mut zu machen, lag ihr immer sehr am Herzen. In den folgenden Jahren hatte sie führende Funktionen an der Dualen Hochschule Baden-Würrtemberg (DHBW) in Stuttgart inne. Von 2011 bis 2016 leitete sie die Hochschulkommunikation. Sollte sie ihre Bestimmung in der Verknüpfung von theoretischen Studieninhalten mit Praxisnähe gefunden haben? Es schien so.

Das umgebaute Bestandsgebäude und der spektakuläre Neubau der experimenta.Bild: Roland Halbe

Das umgebaute Bestandsgebäude und der spektakuläre Neubau der experimenta.Bild: Roland Halbe

Doch dann klingelt wieder das Telefon. Dieses Mal hatte man sie aus der Ferne beobachtet, hatte ihre Moderationen unter anderem bei ZEIT workshops, beim Marketing Club Stuttgart oder bei der IHK Ulm verfolgt und wollte sie jetzt für das größte geplante Science Center in Deutschland, die experimenta in Heilbronn, gewinnen. Ihre erste Reaktion war verhalten. „Hallo, ich bin Beamtin und möchte das eigentlich auch bleiben. Und Heilbronn?“ lacht Renner. Aber, sie wäre ja nicht sie, wenn sie es sich nicht wenigstens angehört hätte. Und weil sie neugierig und kreativ ist und auch einfach gerne verrückte Sachen macht, hat sie am 1. Januar 2017 in Heilbronn angefangen. Seitdem leitet sie bei der experimenta den großen Bereich Kommunikation und Verwaltung, zu dem unter anderem Abteilungen wie Personal, Besucherservice sowie Marken- und Veranstaltungsmanagement zählen. „Jetzt arbeite ich noch viel mehr als früher, habe einen Chef für den ein 14 Studen Arbeitstag eine Selbstverständlichkeit ist und arbeite mit einer irre bunten Mischung aus Menschen mit 50 verschiedenen Berufen zusammen,“ lacht sie. Ein wenig irre ist auch der Tagesablauf: bis abends sitzt sie in Meetings, dann beantwortet sie ihre Mails und wenn andere ins Bett gehen geht‘s bei ihr mit der Arbeit weiter. Die experimenta in Heilbronn wirbt mit dem Slogan „Eine einzigartige Wissens- und Erlebniswelt.“ Einzigartig ist gewiss das Projekt, aber auch die Menschen dahinter. So wie Bärbel Renner.

experimenta – das Science Center

Am 31. März dieses Jahres eröffnet die experimenta in Heilbronn. Mit rund 25 000 Quadratmetern Fläche ist sie das größte und innovativste Science Center Deutschlands. Mit einer großen Vielfalt an Angeboten bietet es dann eine spektakuläre
Wissen- und Erlebniswelt.

www.experimenta.science

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Erstellt:
29.03.2019, 07:42 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 24sec
zuletzt aktualisiert: 29.03.2019, 07:42 Uhr

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