Muss das sein?

Friedhold Ulonska wäre gerade gerne als Kapitän auf dem Mittelmeer, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten („Er lässt sich nicht ausbooten“, 12. Juli).

14.07.2018

Von Boris Palmer, Tübingen,Oberbürgermeister

Das TAGBLATT behauptet, ich hätte Seenotrettern vorgeworfen, bewusst Seenot zu schaffen. Das ist falsch. Diesen Vorwurf mache ich den Schleppern, die hundert Menschen in ein Schlauchboot setzen und nur Sprit für die ersten 20 Kilometer mitgeben. Trotzdem machen die gut gemeinten Rettungsfahrten Probleme. Der französische Präsident Macron hat es klar formuliert: „Man kann diese Situation nicht dauerhaft akzeptieren, denn im Namen der Humanität läuft sie darauf hinaus, dass es überhaupt keine Kontrolle mehr gibt. Am Ende betreibt man damit das Geschäft der Schleuser und Schlepper. Das ist ein fürchterlicher Zynismus.“

Wie ich es sehe, kann man in meinem Buch zur Flüchtlingspolitik nachlesen: „Wer fordert, dass den Menschen, die nach Europa wollen, eine sichere Überfahrt gewährt werden müsse, der muss mit einrechnen, dass eine solche Möglichkeit eine enorme Sogwirkung auf Millionen von Menschen in Afrika ausüben würde. Es wollen weitaus mehr Menschen über das Mittelmeer, als Europa aufzunehmen in der Lage ist. Selbst die Seenotrettung führt in dieses Dilemma, denn das Wissen, dass Rettung möglich ist, erhöht die Risikobereitschaft zur Überfahrt.“

Ich bedauere, dass das TAGBLATT eine falsche Deutung meiner Position in Umlauf bringt und den daraus resultierenden ungerechten Vorwurf auch noch einem Menschen wie Friedhold Ulonska macht, dessen Einsatz vorbildlich ist. Muss das sein?

Anmerkung der Redaktion:

Boris Palmer hat auf der Internetseite kath.net Ende Juni einen Kommentar veröffentlicht. Der Artikel bezog sich darauf. Palmer hatte geschrieben:

„Die so genannten Rettungsschiffe kreuzen kurz vor der libyschen Küste und nehmen dort die Migranten auf, die von Schleppern in Boote gesetzt werden, die keine 20 km fahren können. Das ist bewusst geschaffene Seenot, keine Rettung.“ „Das“ kann sich zwar auch auf die Schlepper beziehen. Doch widerspricht dem das nachgeordnete „keine Rettung“. Es macht mit Bezug auf Schlepper keinen Sinn. Auch ist der Zusammenhang des Kommentars eindeutig eine Kritik an den Seenotrettern. Sprachliches Detail und Stoßrichtung von Palmers Text entsprechen nicht seiner jetzt nachgelieferten Deutung.