Hintergrund
Mit neutralisierten Skiern auf Nummer sicher
Die Werbung auf den Brettern muss wegen der Olympia-Regularien überklebt werden. Die Hersteller haben dafür ein spezielles Design entwickelt.
Pyeongchang. Als Anze Semenic nach seinem Qualifikationssprung von der großen Olympia-Schanze gelandet ist, schnallt der Slowene rasch seine Skier ab und reckt sie in die Höhe. Doch irgendwie sehen die Latten ganz anders aus als im gesamten Weltcup-Winter. Denn das Werbeverbot bei Olympia gilt auch fürs Skispringen. Wo sonst die Logos einer Flug-Suchmaschine oder eines Sportartikelhändlers prangen, befinden sich jetzt die Nationalfarben der Springer. Doch es sind immer noch dieselben Bretter. „Weil die Athleten bei Olympia verständlicherweise nicht mit anderen Ski springen wollen als im gesamten Weltcup-Winter, mussten wir uns etwas einfallen lassen“, erklärt Ronald Brandl, Marketingchef vom Skihersteller S.K.I. Das Vertrauen in seine Bretter spielt für jeden Springer nämlich eine große Rolle. Also mussten alle Ski „werblich neutralisiert“ werden.
Die Lösung ist ebenso elegant wie aufwändig: „Die Ski-Oberseite bekleben wir mit einer blauen beziehungsweise roten Spezialfolie“, so Brandl. Doch dabei bleibt es nicht. Jetzt musste die Ski-Produktionsfirma aus Österreich kreativ werden und sich ein alternatives Muster für die neutralisierten Latten überlegen. „Sonst haben die Springer im Flug große Schwierigkeiten, die Kontraste im Vergleich zum Hintergrund auszumachen“, erläutert Brandl. „Letztlich haben wir uns aus emotionalen Gründen für die jeweilige Landesflagge der Athleten entschieden.“ Damit es vor Ort aber kein böses Erwachen gibt, wurde das Foliendesign im Vorfeld noch mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) abgeklärt.
Spezialfarbe versus Wachs
Soweit, so gut. Auf der Ski-Unterseite steht allerdings auch noch ein bisschen Werbung, und auch die muss weg. Und während die Folie in der Regel ohne Probleme die gesamten Olympischen Winterspiele überdauert, ist das knapp vor der Lauffläche etwas schwieriger. „Je nachdem, wie aggressiv der Schnee ist, verwenden wir entweder eine Spezialfarbe, die mit Waschbenzin abwaschbar ist, oder ein schwarzes Wachs, mit dem wir die Schrift einfach zuwachsen.“ Hauptsache, die Farbe blättert nicht gleich nach der Landung wieder ab. Letztlich muss das Wachs ständig kontrolliert und nach einigen Sprüngen nachgewachst werden. Denn ein Verstoß gegen die IOC-Regel der Werbefreiheit hätte fatale Folgen, die theoretisch bis zum Ausschluss des Athleten von den Spielen führen können.
Das Wachs hat allerdings nichts mit dem zu tun, das die Skitechniker auftragen. „Wir sprechen hier nur von dem Bereich, der nicht auf dem Schnee aufliegt. Nur dort können wir überhaupt Werbung machen, weil man dort einen anderen Skibelag aufbringen kann als auf der Lauffläche“, erklärt Brandl die Hintergründe, warum überhaupt an der Skispitze die Logos der Sponsoren aufgedruckt sind – wenn sie nicht gerade von Ronald Brandl und seinem vierköpfigen Team „neutralisiert“ wurden.
Den beiden S.K.I.-Technikern Primoz Pickl und Pierre Heinrich wird auf jeden Fall nicht langweilig. Insgesamt kümmern sich die beiden um rund 50 Ski-Paare – für Skispringer und Nordische Kombinierer aus aller Welt. Und das normale Wachsen kommt noch dazu. Andere Skihersteller wie Fischer oder Slatnar haben dieses Problem übrigens nicht. Da sie ihre Skiflächen nicht an Sponsoren verkauft haben, dürfen sie ihre Logos so lassen, wie sie sind.