Bildung

Mit Rückenwind über die Corona-Lücke

Mit einem dreistufigen Programm will die grün-schwarze Landesregierung gegen Lernrückstände bei Schülern vorgehen.

09.06.2021

Von AXEL HABERMEHL

Die Pandemie hinterlässt bei vielen Kindern Wissenslücken. Foto: Kirsten Neumann, dpa

Die Pandemie hinterlässt bei vielen Kindern Wissenslücken. Foto: Kirsten Neumann, dpa

Stuttgart. Seit Monaten diskutieren Öffentlichkeit und Politik über nachteilige Folgen der Corona-Pandemie für Bildungserfolge von Kindern. Wie schwerwiegend sind die Auswirkungen? Wie groß die Lernlücken? Und was kann man tun, um verpassten Stoff nachzuholen? Die grün-schwarze Landesregierung plant, teils mit Finanzhilfe des Bundes, ein Programm in drei Stufen. Die erste soll kommende Woche beginnen, die dritte voraussichtlich bis in den Winter laufen.

Der Bedarf: Wie groß die Lernlücken sind und wo sie liegen, hätte der Landeselternbeirat gern durch landesweit zentrale Erhebungen festgestellt. Die wird es aber wohl nicht geben. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) erklärt, die Rückstände seien sehr unterschiedlich. Lehrer würden Lernstände einzelner Klassen nun durch Tests eruieren. In der Antwort auf eine bisher unveröffentlichte Anfrage der Landtags-SPD betont sie die Bedeutung regelmäßiger Schüler-Vergleichsarbeiten wie „Lernstand 5“, „Vera 3“ oder „Vera 8“. Sie wurden wegen Corona verschoben, teils stehen sie zu Beginn des kommenden Schuljahres an. Die SPD sieht das Vorgehen kritisch: „Der Weg der Schulen aus der Pandemie führt über eine individuelle förderdiagnostische Lernstandserhebung. Die Landesregierung muss dabei jetzt in die Pötte kommen“, fordert der Schul-Experte der Fraktion, Stefan Fulst-Blei.

Phase 1: Kommende Woche soll das erste Programm zur Bewältigung von Corona-Folgen starten: „Bridge the Gap“ (Englisch: Überbrückt die Lücke) sieht vor, dass 550 Lehramtsstudenten an Schulen aushelfen. Angeworben wurden sie (wie berichtet) in den vergangenen Wochen. Sie sollen pro Zeitstunde ein Honorar von 15 Euro erhalten. Die Studenten sollen Lehrer unterstützen, auch bei Bedarf mit einzelnen Schülern arbeiten. Enden soll das Programm, das als „Pilot“ gedacht ist und evaluiert werden soll, mit Beginn der Sommerferien.

Wie Schopper und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) nun bekanntgaben, hätten sich rund 900 Studenten freiwillig gemeldet. Derzeit könnten Schulen Bedarf anmelden. Es laufe „das Zueinanderfinden“, wie Schopper sagte, „und dann darf es schonmal losgehen“.

Unklar ist allerdings noch, wo es überall losgehen darf. 550 Studenten stehen rund 4500 Schulen gegenüber. Klar ist bisher, dass nur Schulen „im Umfeld“ beteiligter Hochschulen zum Zuge kommen: Das sind die Universitäten Freiburg, Heidelberg, Konstanz, Stuttgart und Tübingen sowie die Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Schwäbisch Gmünd, Ludwigsburg und Weingarten. Bauer sagte, man müsse lernen, in welchen Fächern und Schularten der Bedarf besonders groß sei.

Phase 2: Sie schließt sich in den Sommerferien an, voraussichtlich wie vergangenes Jahr in den letzten beiden Wochen. Das Programm heißt „Lernbrücken“. Vergangenes Jahr nahmen rund 60?000 Schüler an knapp der Hälfte aller Schulen teil. Unterrichtet wurden sie von regulären Lehrkräften, Studenten, Referendaren sowie „weiteren pädagogisch geeigneten Personen“, wie das Kultusministerium mitteilt. Die Vorarbeiten seien „in vollem Gange“.

Phase 3: Die Hauptarbeit soll kommendes Schuljahr laufen – im Programm „Rückenwind“, das ebenfalls in Vorbereitung ist. Finanzieren soll es offenbar zum Großteil der Bund. Der hat zwei Milliarden Euro Fördergelder angekündigt, davon eine Milliarde für „additive Förderprogramme“, schreibt Schopper in der Antwort auf die SPD-Anfrage. Für Baden-Württemberg stünden damit rund 130 Millionen für das Programm ,Rückenwind“ zur Verfügung“, Das Land wird sicher eigenes Geld für Personal zuschießen. Wie viel, darüber wird verhandelt. Laut Schopper soll der „Rückenwind“ bis Weihnachten oder zum Ende des ersten Halbjahrs wehen.

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Erstellt:
09.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec
zuletzt aktualisiert: 09.06.2021, 06:00 Uhr

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