Bürger ohne Ehre

Missbrauchsvorwurf gegen Ergenzinger Pfarrer

Der Rottenburger Gemeinderat beschloss am Dienstag nicht-öffentlich, dem früheren Ergenzinger Pfarrer Alfons Leykauf (1905 – 1983) das Ehrenbürgerrecht zu entziehen. Ihm wird sexueller Missbrauch vorgeworfen.

12.05.2016

Alfons Leykauf

Alfons Leykauf

Rottenburg. Zuvor hatte sich der Ergenzinger Ortschaftsrat ebenfalls in nicht-öffentlicher Sitzung dafür ausgesprochen, das 1961 verliehene Ehrenbürgerrecht aufzuheben. Bischof Gebhard Fürst hatte im März diesen Jahres in einem Schreiben an Oberbürgermeister Stephan Neher dargelegt, Pfarrer Alfons Leykauf habe in seiner Zeit als Seelsorger des Kinderheims St. Josef in Gutenzell-Hürbel (Landkreis Biberach) mehrfach Kinder sexuell missbraucht, zum Teil über Jahre hinweg. Pressesprecher Uwe Renz präzisierte auf Nachfrage, es habe sich um drei Mädchen gehandelt, die Jahrzehnte später Anzeige erstattet hätten. Die vom Bischof eingesetzte „Kommission Sexueller Missbrauch“ habe die erhobenen Vorwürfe sehr sorgfältig geprüft und sei zum Entschluss gelangt, dass die Vorwürfe plausibel seien. Den Opfern sei eine Geldzahlung und psychologische Hilfe angeboten worden.

Die Stadt Rottenburg am Neckar wurde gebeten, in Kenntnis der erschütternden Vorwürfe und aus Respekt vor den Betroffenen über den Entzug des Ehrenbürgerrechtes zu beraten.

Die damals noch selbstständige Gemeinde Ergenzingen hatte Alfons Leykauf 1961 das Ehrenbürgerrecht verliehen. Der war von 1938 bis 1962 Pfarrer in Ergenzingen, danach bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1979 Seelsorger in Hürbel. Er starb am 27. August 1983. In Ergenzingen erwarb er sich Verdienste als Gründerpräses der Kolpingsfamilie und hob 1949 als erster Theaterspielleiter die noch heute bestehende Theatergruppe aus der Taufe.

Im Zuge der Eingemeindung ging das von der damals selbstständigen Gemeinde Ergenzingen verliehene Ehrenbürgerrecht an die Stadt Rottenburg über, weshalb diese nun den Entzug beschließen konnte. Als reines Persönlichkeitsrecht erlischt das Ehrenbürgerrecht normalerweise mit dem Tod des Trägers. Die Schwere der Vorwürfe rechtfertige jedoch den posthumen Entzug, teilte die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung mit. ele/Privatbild