Mittelalter-Fest in Obernau

Minnesang und Schmiedekunst

Das Hartmann von Aue-Fest brachte am Sonntag mittelalterliches Flair und Hunderte Besucher und Besucherinnen nach Obernau.

09.07.2018

Von Andreas Straub

Die Obernauer Dorfmitte war am Sonntag für Autos gesperrt und mittelalterliches Flair hielt Einzug. Hunderte Besucherinnen und Besucher genossen bei sommerlichen Temperaturen Speis und Trank und informierten sich über den berühmten Minnesänger Hartmann von Aue. Zuletzt 2013 hatte das Dorf sein Hartmann von Aue Fest begangen, davor schon zweimal im Abstand von jeweils zwei Jahren.

Alte Texte in der Kirche

Neben gut frequentierten Kirchenführungen trug der Kirchenchor in zwei Aufführungen einige Volkslieder vor. Ein Highlight dieses Jahres war die „szenische Vision“ aus Liedern, Worten und Minnesang unter Leitung von Christian Hörburger in der Kirche. Nach einem Gitarrenspiel zu Beginn, später gefolgt von mittelalterlichen Melodien auf der Flöte, kam die Frage auf: War Dichter und Minnesänger Hartmann von Aue überhaupt ein Obernauer? Denn von anderen wird er auch gerne in Freiburg verortet. „Er lebte und schrieb in Obernau“, stellte Hörburger klar, ohne Fragezeichen. So seien etwa in der Kirche alte Texte von ihm gefunden worden.

In der Kirche trug Hörburger einige Texte des Dichters auf Mittelhochdeutsch vor, Nicole Hartmayer übersetzte gewissermaßen in modernes Deutsch. Sie schritten dabei immer wieder durch die Kirche und wurden manchmal von Muse Hannah Dannenmann abgelenkt. Erst kurz zuvor hatte Ellen Strittmater vom Schiller-Museum in Marbach erklärt, was Minnesang ist. Die Kurzversion: Sichverlieben ins Unmögliche. Und obwohl diese Liebe unerfüllt bleibt, kribbelt sie im Bauch.

Fußmassagen fürs Volk

Der Dorfplatz war mit Leben erfüllt. Musik kam aus der Drehorgel. Viele Besucher saßen unter Schatten spendenden Bäumen oder im Zelt. Neben Essen und Trinken gab es Honig, Kräuter und Kleidung zu kaufen. Wer sich entspannen wollte, auf den wartete eine Fußmassage. „Wir besuchen eigentlich jeden Mittelaltermarkt im Umkreis“, berichteten Werner und Sandra Braun aus Horb. Für sie sei es faszinierend, in die vergangenen Tage einzutauchen. Das Fest in Obernau gefiel ihnen sehr gut. Es sei kleiner und übersichtlicher als viele andere. Sie planten, sich zu späterer Stunde noch den Vortrag der Helfensteiner über das Leben im Mittelalter anzuhören.

 Besonders für Kinder gab es viele Angebote beim Hartmann von Aue Fest. Wer zum Beispiel beim Axtwerfen traf, bekam als Belohnung einen Glücksstein. Eine Märchenerzählerin fesselte viele Kinder mit ihren Geschichten.
Andere waren mit Basteln und Malen beschäftigt. Schüler der Grundschule Bad Niedernau und Kindergartenkinder aus Obernau führten verkleidet einen mittelalterlichen Tanz auf.

Gleich am Eingang demonstrierten Joachim Mayer (Wolfenhausen), Jakob Gottschling (Bühl) und Thomas Hebe aus Obernau und gelernter Schlosser historische Schmiedekunst. „Diesen Beruf gibt es heute nicht mehr“, so Mayer. Er stellte kleine Kunstgegenstände und Messer her. Nachdem das Eisen zum Glühen gebracht war, droschen die Männer mit schweren Hämmern auf einem Amboss darauf ein. Das Fest endete am Abend mit einem Feuerspektakel.

Christian Hörburger (Mitte) ließ in einer musikalisch untermalten „szenischen Vision“ in der Obernauer Kirche Leben und Werk des Minnesängers lebendig werden. Bild: Straub

Christian Hörburger (Mitte) ließ in einer musikalisch untermalten „szenischen Vision“ in der Obernauer Kirche Leben und Werk des Minnesängers lebendig werden. Bild: Straub

Über den Dichter ist nur wenig bekannt

Gelebt hat Hartmann von Aue wohl von 1160 bis etwa 1220. Seine Minne- und Kreuzlieder sowie die vier großen Verserzählungen „Erec“, „Gregorius oder Der gute Sünder“, „Der arme Heinrich“ und „Iwein„ machen ihn zu einem der bedeutendsten Autoren der „mittelhochdeutschen Klassik“ um 1200. Allerdings gibt es von ihm kaum biografische Nachrichten. In einigen Werken stellt er sich jedoch selbst als „Ritter“ und „Dienstmann“ vor. Das waren gewissermaßen Angestellte des hochrangigen Adels. Laut dem Historiker Hans Harter gib es neben Anspielungen in seinem Werk auch Ergebnisse der verfeinerten Orts- und Landesgeschichtsforschung, mit denen sich Hartmann von Aue in Obernau lokalisieren lässt.