Paartherapie

Minenfeld – Wie spricht man in neuer Beziehung über Verflossene?

Je älter man wird, desto klarer ist: Die Wenigsten gehen ohne Ex-Partner in eine neue Beziehung. Darüber sollte man beim ersten Date lieber nicht reden, raten Paartherapeuten. Von Suria Reiche

06.11.2021

Von Suria Reiche/dpa

Sensibilität ist gefragt: Wenn einem Gespräche über den oder die Ex des neuen Partner weh tun, sollte man das ansprechen.  Foto: Christin Klose

Sensibilität ist gefragt: Wenn einem Gespräche über den oder die Ex des neuen Partner weh tun, sollte man das ansprechen. Foto: Christin Klose

Hamburg/Dresden. Wenn Beziehungen auseinandergehen, bleiben oft Wut, Enttäuschung oder Trauer zurück. Gefühle, die einige Menschen am liebsten mit der ganzen Welt besprechen würden. Mit engen Freunden und der Familie sollte man das auch, um mit Vergangenem abzuschließen. Tritt dann aber irgendwann ein neuer Mensch ins Leben, dann können Geschichten über den oder die Ex oft irritieren.

In bestimmten Umfang sei es schon ratsam, über vergangene Beziehungen zu sprechen, findet Dorothea Behrmann, Trennungscoach aus Hamburg: „Denn es gehört ja zu einer Person dazu, wie sein oder ihr Liebesleben vorher ausgesehen hat.“ Man möchte den anderen kennenlernen und ist normalerweise neugierig, wie lange Beziehungen im Schnitt gedauert haben, so Behrmann. Daran könne man ein bisschen ablesen, wie die neue Flamme in Liebesdingen gestrickt ist.

Aufkommende Eifersucht unterdrücken

Der andere Part solle bei solchen Gesprächen dann versuchen, eventuell aufkommende Eifersucht oder Rivalität zu unterdrücken und zu respektieren, dass auch vorherige Beziehungen wichtig waren.

Beim ersten Date sollte man aber vorsichtig mit solchen Themen sein, rät Filomena Lorenz, Paar- und Sexualtherapeutin aus Stuttgart. Dabei komme es jedoch auch darauf an, wie alt die beiden beim Kennenlernen sind. Denn: Wenn ein junger Mensch zum ersten Date geht, dann sei das etwas anderes, als bei einem Älteren, der vielleicht schon geschieden ist und Kinder hat, über die er seinen Date-Partner aufklären muss.

Sogar hilfreich findet es Thomas Krüger, Paartherapeut aus Dresden, Auskünfte über das vergangene Liebesleben zu geben. Das gilt umso mehr, wenn der andere davon wissen will. Aber: „Bei einem ersten Treffen direkt den Fokus auf Geschichten über den Ex-Partner zu legen, wird möglicherweise sehr irritieren.“ Lorenz empfiehlt, sich vor dem ersten Date einen Plan zu machen: „Was möchte ich von mir preisgeben? Mit meiner ganzen Lebensgeschichte würde ich nicht rausrücken. Und auf keinen Fall die beiden Menschen miteinander vergleichen!“

Immer ehrlich sein

Behrmann würde einem neuen Partner gegenüber sensibel und zurückhaltend sein, was Geschichten mit der oder dem Ex anbelangt. Trotzdem: „Meines Erachtens gehört es dazu, von Anfang an ehrlich und authentisch zu sein.“ Also sollte der neue Partner wissen, warum es in der vorherigen Beziehung nicht geklappt hat, um abzuschätzen, ob das auch für ihn ein Trennungsgrund gewesen wäre? „Möglicherweise interessiert das den neuen Partner, und das Thema kommt ganz natürlich zur Sprache“, räumt Behrmann ein.

Dabei sollte man prüfen, ob man selbst das ebenfalls möchte. „Sollte das so sein, kann man sich Stück für Stück öffnen und erzählen“, empfiehlt Thomas Krüger. Auch dann, wenn der neue Partner mit dem Erzählen beginnen sollte, reagiert man im besten Fall entspannt: „Denn er vertraut mir damit etwas aus seinem Leben an, und idealerweise bin ich interessiert und neugierig, weil ich den anderen besser kennenlernen will“, erklärt Krüger.

Solche Infos vom neuen Partner signalisieren sogar Vertrauen, findet Behrmann: „Offenheit und Authentizität von Anfang an sind ein guter Grundstein für eine vertrauensvolle Beziehung.“ Jedoch sollte man achtsam sein mit Details und langen Ausschweifungen über die ehemalige Beziehung. Denn das könne den neuen Partner verletzen. Ihm sollte in jedem Fall die Chance gegeben werden zu sagen, wenn ihm die Erzählungen reichen. Und der Zuhörer darf sagen: „Jetzt möchte ich nicht mehr über deine Verflossenen sprechen.“

Schmerzhaftes ansprechen

„Ich würde dann ganz konkret ansprechen, dass mir die Gespräche zu viel werden, mir wehtun oder bei mir den Eindruck erwecken, dass die alte Beziehung noch zu viel Raum einnimmt“, sagt Behrmann. Sie würde in diesem Fall nachfragen, was den Partner vielleicht noch belastet. So könne man herausfinden, was der Anlass für die Gespräche über den oder die Ex sind.

Für Thomas Krüger ist eine Beziehung dann bereichernd, wenn man reflektiert über Vergangenes spricht. „Wenn mein Partner über einen Menschen spricht, mit dem er im Vergangenen in einer sozialen Verbindung stand, dann ist es wertschätzend, liebevoll auf diesen Menschen zu blicken.“ Denn der Partner, der jetzt an meiner Seite ist, hat ja auch mit ihm eine Zeit in seinem Leben verbracht.

Hellhörig sollte man werden, wenn der Respekt fehlt. „Wenn jemand schimpft, dann sind noch Groll und Hass im Spiel, und das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die alte Beziehung noch nicht abgeschlossen und verarbeitet ist“, analysiert Dorothea Behrmann. Sie rät, eher neutral über den oder die Ex zu sprechen: „Ein Schwärmen oder Vergleiche sind für die neue, noch frische Liebe ebenso nicht förderlich.“ Und darüber sind sich alle Experten einig: Erzählungen über intime Dinge, Emotionen und Erotik sind ein Tabu und haben keinen Platz in Gesprächen mit einem neuen Partner.

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Erstellt:
06.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 06.11.2021, 06:00 Uhr

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