Rottenburg · Engagement

Michael-Sattler-Friedenspreis: Gewaltloser Kampf und tote Mitstreiter

Initiative „La Lucha“ bekommt den Michael-Sattler-Friedenspreis.

26.05.2023

Von ST

„Ich habe gestern meinen 30. Geburtstag gefeiert. Seit drei Jahrzehnten herrscht im Kongo Krieg. Der Krieg hat versagt, denn er hat nicht den Frieden gebracht“, sagte Ben Kamuntu am Sonntag im Evangelischen Gemeindezentrum Rottenburg. Er ist Aktivist bei der kongolesischen Initiative „La Lucha“, die 2021 den Michael-Sattler-Friedenspreis bekam. Diesen verleiht das Deutsche Mennonitische Friedenskomitee (DMFK) in Erinnerung an den Täufer Michael Sattler, der am 21. Mai 1527 in Rottenburg verbrannt wurde. Coronabedingt konnte Kamuntu den Preis erst zwei Jahre später für La Lucha entgegennehmen. Der Name steht für „La Lutte pour le changement“, übersetzt „der Kampf für Veränderung“.

Vor einem kleinen Publikum berichtete Kamuntu über den gewaltfreien Einsatz der Aktivisten für Menschenrechte, Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit in dem von Konflikten zerrissenen Ostkongo. Dafür mache die Bewegung Überzeugungsarbeit bei EU, Regierungen und Uno. Sie wurde vor elf Jahren gegründet und ist weder eingetragener Verein noch Partei. Sie organisiert sich in Ortsgruppen und hat etwa 3000 Mitglieder. Der 30-Jährige erklärt: So kann La Lucha nicht verboten werden. „Wie wollen Sie etwas verbieten, was es offiziell gar nicht gibt?“ Die Aktivisten gehen auch in Schulen und setzten sich für Bildung, sauberes Trinkwasser und mehr Sicherheit für die Zivilbevölkerung ein. Kamuntu schildert, dass sie inzwischen als Bedrohung wahrgenommen würden. Darum kamen zwei Aktivisten ins Gefängnis (siehe Infokasten), drei Mitstreiter seien getötet worden, zwei davon durch Polizeigewalt.

Der 30-Jährige appellierte an die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft. Sie sollten den Kongo nicht nur als Markt betrachten und die UN-Friedensmission Monusco müsse abgezogen werden. Denn seit ihrem Eintreffen gäbe es mehr Milizen als zuvor, die UN-Friedenstruppen schützten die Bevölkerung nicht und einige Soldaten seien an Übergriffen beteiligt. Das Geld dafür könne die Uno sich sparen. Der Aktivist betont: La Lucha wolle kein Geld von Uno oder EU, um unabhängig zu bleiben, aber nehme Spenden an.

Bürgermeister Hendrik Bednarz sagte in seinem Grußwort, dass Werte wie Frieden, Demokratie und Menschenrechte keinesfalls einfach garantiert seien. Auch Pfarrer Tilman Just-Deus und Maria Biedrawa, Friedensdiakonin für Zentralafrika des französischen Zweigs des internationalen Versöhnungsbundes, lobten die Arbeit der Bewegung. Sie ermutige die Menschen hier, für diese Werte einzutreten, so Biedrawa. Der Theologe Wolfgang Krauß, Vertreter des DMFKs, verwies auf die christlichen und friedensethischen Prinzipien, für die Michael Sattler sein Leben gegeben hatte. Er machte deutlich, wie herausfordernd es in den heutigen Konflikten sei, diese Prinzipien umzusetzen.

Aktivisten im Knast

Für zwei Lucha-Aktivisten, die derzeit im Gefängnis sitzen, setzt sich Amnesty International ein: https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/dr-kongo-menschenrechtsaktivisten-freilassen-6.4.2023.