Unwetter

Mehrere Menschen aus den Fluten im B27-Tunnel gerettet

Der Starkregen am Montag hielt Einsatzkräfte im gesamten Steinlach-Wiesaz-Gebiet in Atem. Der Dußlinger B27-Tunnel lief fast bis an die Decke voll Wasser.

29.06.2021

Von STB

Auch die Feuerwehr selbst blieb im Dußlinger Tunnel in den Fluten stecken.. Bild: Klaus Franke

Auch die Feuerwehr selbst blieb im Dußlinger Tunnel in den Fluten stecken.. Bild: Klaus Franke

Ernüchternd. Das ist die Antwort, die Kommandant Sven Laichinger von der Dußlinger Feuerwehr gibt, wenn man ihn nach der Bilanz zum Unwetter fragt, das am Montagabend über dem Steinlachtal wütete. „Es ist ernüchternd, wie wenig man gegen diese Naturgewalt ausrichten kann.“

Besonders schlimm erwischte es den Dußlinger B27-Tunnel. Gegen 20.30 Uhr drückten die Wassermassen so sehr über die Wallbegrenzung zwischen der B27 und dem Rewe-Markt, dass der Tunnel volllief. „Das war eine Sache von wenigen Minuten“, sagt Laichinger. Das Wasser stieg fast bis an die Tunneldecke. Verletzt worden sei glücklicherweise niemand, Autofahrer, die dort mit ihren Fahrzeugen in den Fluten stecken geblieben waren, wurden von Feuerwehr und DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) mit Booten gerettet.

Der Dußlinger B27-Tunnel lief nach den extremen Regenfällen am Montagabend voller Wasser. Feuerwehr und DLRG mussten Menschen, die mit ihren Autos in den Fluten festsaßen, mit Booten retten. Bild: Feuerwehr Dußlingen

Der Dußlinger B27-Tunnel lief nach den extremen Regenfällen am Montagabend voller Wasser. Feuerwehr und DLRG mussten Menschen, die mit ihren Autos in den Fluten festsaßen, mit Booten retten. Bild: Feuerwehr Dußlingen

Auch am Dienstagvormittag war der Einsatz am Tunnel noch nicht vorbei: „Es steht immer noch ein LKW drin.“ Am Dienstag blieb der Tunnel voll gesperrt.

In Dußlingen in Unterhosen

Dennoch zeigt sich Laichinger erleichtert: Man habe zwei gefährdete Menschenleben retten können, auch „fünf eigene Leute waren in höchster Gefahr“. Einige hätten sich zum Schwimmen schon bis auf die Unterhosen ausgezogen, am Ende sei aber alles gut gegangen.

Das THW leitete das Wasser in die Steinlach ab. Bild: Klaus Franke

Das THW leitete das Wasser in die Steinlach ab. Bild: Klaus Franke

Die Dußlinger Feuerwehr sei vollauf in ihrem eigenen Gebiet mit fünf Einsätzen beschäftigt gewesen, allerdings habe es Hilfe aus anderen Gemeinden gegeben. Insgesamt 120 Leute seien in Dußlingen im Einsatz gewesen, neben den 45 Leuten aus Dußlingen seien unter anderem auch Helfer vom THW ausgerückt.

Bodelshausen nur gestreift

Glück hatte hingegen Bodelshausen. „Es hat uns dieses Mal nur gestreift“, sagt Kommandant Marco Steeb. Vollgelaufene Keller gab es keine, nur ein bisschen Hagel. So konnte die Bodelshäuser Feuerwehr die Kollegen bei einem Einsatz in Ofterdingen unterstützen. Gegen 23 Uhr übernahm die Wache schließlich die Bereitschaft fürs gesamte Steinlachtal, weil sie die einzige ohne eigene Einsätze war. So rückten nach einem Blitzeinschlag in Nehren die Bodelshäuser aus, die Nehrener waren bereits im ganzen Ort beschäftigt.

Gomaringen mit vielen Einsätzen

Auch nach fast 20 Stunden Dauereinsatz konnte Jochen Ankele als Kommandant der Wehr in Gomaringen am frühen Nachmittag nur eine vorläufige Bilanz ziehen. Bis morgens um 5 Uhr waren die Kollegen dabei, Keller auszupumpen. „Alles, was eine gewisse Tiefe hatte, war betroffen.“ Tiefgaragen, waren auch mit großen Pumpen nicht freizubekommen und liefen wieder und wieder voll.

Die Zwischenbilanz gegen 14 Uhr: 135 Feuerwehrleute im Einsatz mit 19 Fahrzeugen und mindestens 120 Einsatzstellen. Mitgerechnet sind die Kollegen von außerhalb von Ringingen oder Bisingen und aus weiteren Orten, die von der Leitstelle nach Gomaringen beordert wurden.

Auch mit Blick auf weitere angesagte Gewitter, bittet Ankele darum, Probleme über 112 an die Leitstellen zu melden. „Dabei fair sein, sachlich sagen, wo der Schuh drückt.“ Eine Dramatisierung der Lage mache es schwer, die Gefahren richtig einzuschätzen. „Für manche sind ein Zentimeter Wasser im Keller der Weltuntergang, andere sind bei einem halben Meter noch entspannt und warten einfach, bis es abfließt.“

Sind Personen eingeschlossen oder droht ein Umweltschaden etwa durch auslaufendes Heizöl, hat das höchste Priorität. In Gomaringen hatte sich die Annahme, eine Person sei im Aufzug eingeschlossen, zum Glück nicht bestätigt. Neben solchen Alarmmeldungen bearbeitet Ankele auch noch eine Anfrage eines Gomaringers, wie er den an Sandsäcke komme.

Glimpflich in Mössingen

In der großen Kreisstadt gab es nach Überblick von Patrick Flammer 80 zum großen Teil kleine Einsätze. Nachts um 2 Uhr konnten die letzten Wehrleute nach Hause. Am Dienstagnachmittag liefen die Aufräumarbeiten in den Feuerwehrhäusern, damit alles Gerät wieder einsatzfähig war, berichtete der stellvertretende Kommandant und Medienmann. Für den Abend waren neue Regenfälle angekündigt. „Wir sind so weit aufgestellt“, bilanzierte Flammer. „Wir warten ab und hoffen, dass nichts passiert.“

Glück gehabt in Ofterdingen

„Eine anstrengende Nacht“, kommentiert Kommandant Matthias Gäbele. Bis um 2 Uhr am frühen Dienstag war die Feuerwehr Ofterdingen im Einsatz. Der Starkregen überschwemmte eine Biogasanlage, so dass die Feuerwehrleute das Wasser abpumpen mussten. Zudem meldeten Anwohner aus dem Gebiet „Im Grund“ Gasgeruch. Es sei jedoch nichts feststellbar gewesen, kein Gasgerät habe angeschlagen. Der Geruch kam wohl aus dem Kanal. „Es gab auch einige überschwemmte Keller, aber nicht extrem. Nochmal gutgegangen“, sagt Gäbele.

In Ofterdingen trat die Steinlach an mehreren Stellen in der Mössinger Straße und in der Hafnerstraße über die Ufer. 35 Ofterdinger Feuerwehrleute waren bei 16 Einsätzen, Unterstützung bekamen sie von der Feuerwehr Bodelshausen und dem THW Ofterdingen. Das THW baute Sandsackbarrieren mit so genannten Big Packs. Kritische Stellen mussten sie an einer Umspannstation und im Bereich Hafner-/Matternstraße sichern. Matthias Gäbele sagt: „Wenn man den Kreis anguckt, haben wir in Ofterdingen noch Glück gehabt.“

Betriebssteuerung defekt, Tunnel bleibt zu

Das Tübinger Landratsamt will sich zu den Ereignissen am Dußlinger B 27-Tunnel äußern, sobald das Wasser abgepumpt ist und das Ausmaß der Schäden sichtbar. „Bis auf Weiteres wird der Tunnel gesperrt bleiben müssen“, teilt das Landratsamt mit. Auf die TAGBLATT-Frage, weshalb noch Fahrzeuge trotz der Gefahr in den Tunnel fahren konnten, heißt es vom Landratsamt: Da das Wasser nicht über die Straße, sondern sturzbachartig seitlich über die Böschung kam (siehe das Bild rechts), sei alles so schnell gegangen, dass die Pumpen im Tunnel nicht mehr nachkamen. „Es war einfach höhere Gewalt.“ Darauf habe man allerdings schnell reagiert und die Zufahrt zum Tunnel dicht gemacht.

Die Einsatzkräfte waren am Dienstagabend noch damit beschäftigt, den Tunnel vom Wasser zu befreien. Um 17.30 Uhr stand das Wasser noch etwa 1,30 Meter hoch. Feuerwehrmann Sven Laichinger wagt sich an eine erste Prognose heran: Da die gesamte Betriebssteuerung defekt sei, werde es wohl noch Wochen dauern, bis der Tunnel wieder einsatzbereit ist.