Tübingen

Mehr über ihn selbst

In einem „Übrigens" und auf einer Doppelseite ging es um Karl May und die „kulturelle Aneignung".

29.09.2022

Von Jens Rüggeberg, Tübingen

Karl May verboten? Mitnichten! Der Verlag Ravensburger nahm lediglich zwei Kinderbücher aus dem Programm, die den neuen – und anscheinend ziemlich klischeehaften – Film „Der junge Häuptling Winnetou“ begleiten sollten. Film und Kinderbücher scheinen mit Mays Werken wenig bis nichts zu tun zu haben.

Und Karl May selbst? Der begeisterte über Generationen viele Leserinnen und vor allem Leser, als „Shakespeare der Jungens“ (Ernst Bloch) eben. Arno Schmidt und Hans Wollschläger bevorzugten anders als Bloch sein eher mystisches Spätwerk und – philologische Genauigkeit gebietet den Hinweis – warfen dem Karl-May-Verlag zurecht vor, Mays Werke zu verfälschen. Bald kannte niemand mehr den originalen May. Bis Wollschläger & Co. in den 1980er Jahren mit historisch-kritischen Editionen begannen. Seither kann man May ohne die „seinerzeit populäre deutschtümelnde Befrachtung“ (Jürgen Wehnert) lesen.

„Kulturelle Aneignung“? Kann man May nicht vorwerfen. Erstens ist Kunst ohne sie nicht denkbar, man nennt das den „Einfluss“ auf Künstler/-in und Kunstwerk, und zweitens kann man sich nur etwas aneignen, was man kennt. Mays Werke sagen mehr über ihn selbst als über Indianer, Araber oder Kurden.