Möglicher Bombenfund in Reutlinger Innenstadt

Mehr als 3000 Menschen von eventueller Evakuierung betroffen

Bei Bauarbeiten wurde in Reutlingen ein verdächtiger Gegenstand entdeckt: Es könnte sich um eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg handeln. Am 5. August soll der Blindgänger untersucht und wenn nötig entschärft werden.

27.07.2018

Von dem/job

Der mögliche Evakuierungsumkreis um den vermuteten Bombenfund in der Reutlinger Innenstadt. Bild: Stadtverwaltung Reutlingen

Der mögliche Evakuierungsumkreis um den vermuteten Bombenfund in der Reutlinger Innenstadt. Bild: Stadtverwaltung Reutlingen

Am Freitag haben Stadt und Einsatzkräfte darüber informiert, dass der verdächtige Metallgegenstand in der Karlstraße am Sonntag, 5. August, untersucht wird. Sollte es sich dabei um eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg handeln, wird er Blindgänger noch am gleichen Tag entschärft Dann müssten bis zu 3091 Menschen das betroffene Gebiet verlassen.

Bei Bauarbeiten der Fair-Energie in der Karlstraße sei Metall im Boden geortet worden, erklärt Bernd Stöhr, der stellvertretende Ordnungsamtsleiter. Da dieser Bereich im Zweiten Weltkrieg stark bombardiert worden war, wurden Luftbilder ausgewertet sowie von der Firma Geomer Kampfmittelbergung aus Augsburg Tiefensondierungen vorgenommen. Ergebnis: In einer Tiefe von bis zu vier Metern könnte ein Blindgänger liegen. Gewissheit besteht aber erst, wenn der Boden über dem Metallgegenstand geöffnet ist. „Wir nehmen die Sache aber sehr ernst“, betont Feuerwehrkommandant Harald Herrmann.

Die Grabungen beginnen am 5. August um 6 Uhr. Bis 9 Uhr soll geklärt sein, ob eine Bombe im Erdreich liegt. Erfahrungsgemäß komme bei so einem Luftbild- und Tiefenbohrungs-Befund wie hier meistens eine Bombe heraus, sagt Joachim Leippert, Feuerwerker vom Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes. Bis zur Öffnung der Baustelle besteht aber keine Gefahr. Handelt es sich tatsächlich um einen Blindgänger, wird dieser sofort entschärft.

Zuvor läuft folgendes Szenario ab:

Das Gebiet wird evakuiert. Je nach Größe der Bombe, sind in einem Radius von 300 Metern 140 Gebäude mit 1138 Menschen betroffen, bei einem Radius von 500 Metern sind es 504 Gebäude und 3091 Menschen. Ab Montag, 30. Juli, werden die betroffenen Anwohner mit einem Anschreiben, das in mehreren Sprachen verteilt wird, informiert. Busse stehen bereit, um die Menschen abzuholen. In der Stadthalle wird eine Notunterkunft eingerichtet.

Die Ost-West-Trasse kann für den Autoverkehr freigehalten werden. Die Züge fahren bis zum Beginn der Entschärfung. Der Hauptbahnhof wird allerdings bereits um 9 Uhr geschlossen, der Bahnverkehr nach Tübingen wird bis zur Entschärfung über den Reutlinger Westbahnhof abgewickelt. Ab Beginn der Entschärfung fährt auch hier kein Zug mehr, die Züge aus Richtung Stuttgart enden in Metzingen. „Eine Entschärfung kann zwischen 20 Minuten und zwei Stunden dauern“, sagt Feuerwerker Leippert. Auch der regionale Busbahnhof sowie der Friedhof Unter den Linden werden geschlossen sein.

„Die Sicherheit der Bevölkerung und unserer Einsatzkräfte hat höchste Priorität“, betont Polizei-Oberrat Heiko Kächele, Einsatzleiter des Polizeipräsidiums Reutlingen. Während der Aktion überwacht die Polizei das Gelände aus der Luft, damit sich dort niemand herumtreiben kann.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) versorgt und betreut alte, kranke oder behinderte Menschen während der Evakuierung. Diese werden in geeigneten Räumen untergebracht, erklärt Rettungsdienstleiter Markus Metzger. „Wir wissen allerdings nicht, um wie viele Menschen wir uns kümmern müssen.“ Aufschlüsse erhofft er sich von Anrufen beim Bürgertelefon, das am Montag um 8 Uhr freigeschaltet ist (siehe Infobox). Das DRK ist mit 13 Krankentransportern und 14 Rettungswagen im Einsatz.

Die Stadt richtet in der Feuerwache einen Verwaltungsstab ein. Die Leitung übernimmt die Erste Bürgermeisterin Ulrike Hotz.

Eine ganz große Bombe könne nach Auswertung der Luftbilder und der Tiefensondierung ausgeschlossen werden, sagt Feuerwerker Leippert. Sobald ein möglicher Blindgänger frei liegt, werden er und drei Mitarbeiter Zünder und Zustand sowie Lage der Bombe untersuchen. Dann beginnt die Entschärfung. „Denken Sie immer daran, das auch wir die Rente erleben wollen“, sagt sein Kollege Bernd Gekeler schmunzelnd.

Sollte es zur Evakuierung kommen, hätte es in den vergangenen 40 Jahren keinen vergleichbaren Fall in Reutlingen gegeben, berichtet Feuerwehrkommandant Herrmann. Vor über zehn Jahren ist im Gebiet der Oberen Wässere eine Bombe entschärft worden. „Sonst ist in Reutlingen seit dem Zweiten Weltkrieg kein anderer Fall bekannt“, erklärt Leippert.

In einem Anschreiben mit folgendem Text wendet sich die Stadtverwaltung an die Menschen im potenziellen Evakuierungsgebiet:

Die Stadt Reutlingen bittet um Ihre Aufmerksamkeit. Es betrifft Sie! Vorwarnung zu einer möglichen Bombenentschärfung am Sonntag, den 5. August in der Reutlinger Innenstadt

In der Baugrube Karlstraße/ Ecke Bismarckstraße liegt in 4 Metern Tiefe ein Metallteil, das möglicherweise eine Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg sein kann.

Nach einer Luftbildauswertung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Baden-Württemberg hat sich dieser Verdacht ergeben. Sicher ist es allerdings nicht. Trotzdem bereiten sich die verantwortlichen Stellen in der Stadt, die Rettungskräfte, die Polizei, die Stadtverwaltung und viele Spezialisten, darunter die Kampfmittelexperten des Landes darauf vor, bei einer Bombenentschärfung die Bevölkerung im Umkreis von bis zu 500 m zu evakuieren.

Wir wollen, dass Sie informiert sind und sich rechtzeitig darauf einstellen, dass Sie am Sonntag, den 5. August 2018 möglicherweise Ihre Wohnung für einige Stunden verlassen müssen. Am besten nehmen Sie sich für diesen Sonntag etwas vor, damit Sie sich gar nicht in der Wohnung aufhalten müssen.

Was geschieht nun?

Am Sonntag, den 5. August 2018 beginnen Spezialisten damit, das Metallteil freizulegen.

Die Bergungsarbeiten beginnen um 6 Uhr. Erst wenn der Metallgegenstand freigelegt ist, kann man erkennen, um was es sich handelt. Ist es ein harmloses Metallteil, ist alles gut. Die Aktion wird beendet.

Sollte es sich um eine noch funktionsfähige Bombe handeln, muss diese durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg entschärft werden. Dann beginnt der gefährliche Teil dieser Aktion. Bevor die Entschärfung der Bombe beginnen kann, müssen Sie sicherheitshalber Ihre Wohnungen verlassen. Das wäre voraussichtlich gegen 9 Uhr. Die Polizei wird Sie in diesem Fall aktuell informieren. Ebenso werden wir Sie über die Warnapp Nina informieren. Sie müssen zu Ihrem eigenen Schutz der Aufforderung Folge leisten.

Sollte es zu dieser Maßnahme kommen, wird die Stadt eine Notunterkunft in der Stadthalle einrichten. Wir empfehlen Ihnen hierzu bereits frühzeitig folgende Vorbereitung zu treffen.

Nehmen Sie eine Tasche oder einen Rucksack mit.

Packen Sie sich notwendige Medikamente ein.

Nehmen Sie eine Kleinigkeit zum Essen und Trinken mit..

Informationen erhalten Sie über die Medien (beispielsweise www.tagblatt.de), über die städtische Homepage www.reutlingen.de und über www.facebook.com/stadt.reutlingen bzw. www.twitter.com/stadtreutlingen

Außerdem ist ein Bürgertelefon geschaltet unter der Nummer 0800-303 4444

Wir bitten Sie insbesondere, uns unter dieser Nummer vorab mitzuteilen, ob sich Personen in Ihrer Wohnung befinden oder ob Sie Nachbarn kennen, die sich nicht aus eigener Kraft fortbewegen können, weil sie krank oder gehbehindert sind. Das Deutsche Rote Kreuz wird sich dann im Falle des Falles um den Transport kümmern.

Eine Notunterkunft wird in der Stadthalle eingerichtet werden.

Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis

Ihre Stadtverwaltung

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Erstellt:
27.07.2018, 12:30 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 14sec
zuletzt aktualisiert: 27.07.2018, 12:30 Uhr

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