Wahlbeteiligung

Mehr Lust auf Mitsprache

In vielen Ländern Europas gehen mehr Bürger zur Abstimmung.

27.05.2019

Von Nadine Vogt

Großer Andrang: Auch in Dresden bildeten sich Schlangen. Foto: Robert Michael/dpa

Großer Andrang: Auch in Dresden bildeten sich Schlangen. Foto: Robert Michael/dpa

Berlin. Die Parteien, die Medien, die Akteure im Internet – so gut wie alle setzen diesmal vor allem darauf, die Menschen zur Stimmabgabe zu bewegen. Offenbar mit Erfolg. Laut ersten Meldungen lag die Wahlbeteiligung in vielen europäischen Ländern höher als noch vor fünf Jahren.

Auch für Deutschland ergab sich dieser Trend. Nach ersten Zahlen hatten 59 Prozent der Berechtigten ihr Kreuzchen gemacht. Das sind mehr als elf Punkte über dem Wert von 2014. Jedoch hat immer noch ein großer Teil nicht gewählt.

Der Nichtwähler ist ein Problem – für etablierte Parteien und die Demokratie „Wer nicht zur Wahl geht, stärkt die rechten und linken Ränder“, sagt Robert Vehrkamp, Demokratie-Experte der Bertelsmann-Stiftung. Der politischen Mitte fehlen Stimmen, während links- oder rechtspopulistische Parteien zunehmen – was zu einem gesellschaftlich nicht repräsentativen Wahlergebnis führe. Niedrig ist die Wahlbeteiligung vor allem an sozialen Brennpunkten. Dort, wo die Spaltung der Gesellschaft besonders deutlich zu sehen ist. Mit dem Alter steige das Wahlinteresse, was bedeutet, dass der Nichtwähler eher jünger ist. Welcher Anteil überwiegt, ob Männer oder Frauen, lasse sich laut Vehrkamp nicht sagen.

Zusätzliche Wahlen helfen

Für die Europawahl spezifisch sei ein weiterer Aspekt: Bequemlichkeit. „Eigentlich müsste man wählen gehen, sagen viele“, so Vehrkamp, „dann ist aber das Wetter besonders gut oder schlecht.“ Bundesländer, in denen parallel Landtag oder, wie etwa in Baden-Württemberg oder Brandenburg, die kommunalen Parlamente gewählt werden, locken deshalb mehr Menschen an die Urne.

In Luxemburg und Belgien liegt die Beteiligung seit der ersten Wahl 1979 annähernd bei 90?Prozent. Die beiden Länder gehören zu den fünf EU-Mitgliedsstaaten – dazu kommen noch Bulgarien, Zypern und Griechenland – in denen Wahlpflicht herrscht. Bei Verstößen gegen diese droht je nach Regelung des Staates ein Bußgeld.

Bei der Wahl 2014 lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 48,1 Prozent. Im europäischen Vergleich sinkt die Stimmabgabe kontinuierlich: Vor 40 Jahren waren es 65,7 Prozent, 2014 nur noch 42,6 Prozent.