Vom Krieg gezeichnet

Masterstudierende stellten Abschlussprojekt „ZwischenWelten“ im Arsenal vor

Mit leerem Blick erzählt Ramin aus Afghanistan, wie er Menschen aus einem maroden, überfüllten Schlepperboot ins Meer fallen sah. Er ist zwölf Jahre alt und einer der drei Protagonisten des studentischen Dokumentarfilms „ZwischenWelten“. Premiere war am Sonntag im Tübinger Kino Arsenal.

09.03.2016

Ramin und seine Familie haben auf der Flucht viele Stationen durchlaufen. Mittlerweile spricht er fünf Sprachen.

Ramin und seine Familie haben auf der Flucht viele Stationen durchlaufen. Mittlerweile spricht er fünf Sprachen.

Tübingen. Zwei Jahre arbeiteten die Medienwissenschaftsstudierenden Nadja Büchler, Nicole Rieber und Benjamin Dornis an ihrem Abschlussprojekt. Herausgekommen ist ein dreißigminütiger Dokumentarfilm, der unter die Haut geht. Die Hälfte seines kurzen Lebens hat Ramin mit seiner Familie auf der Flucht verbracht. Zurzeit lebt er mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder in Stuttgart und hofft, in Deutschland endlich angekommen zu sein.

Der sechzehnjährige Ibrahim und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Abdallah aus dem Libanon hatten es einfacher auf der Flucht. Sie kamen mit dem Auto nach Karlsruhe und leben heute mit ihren Eltern in Backnang. An der syrischen Grenze erlebten sie den Krieg täglich hautnah mit. Mit seinem Handy hat Abdallah Kriegsszenen dokumentiert. Ein Video zeigt, wie nur ein paar Meter von ihm entfernt auf offener Straße mit ohrenbetäubendem Lärm Schüsse fallen.

Mehr als 100 Menschen waren am Sonntag ins Kino Arsenal gekommen. Bis auf den letzten Platz war der kleine Kinosaal gefüllt. Es mussten noch zusätzliche Stühle auf die Treppenstufen gestellt werden.

„Wir sind begeistert, dass so viele unsere Arbeit sehen möchten“, sagte Nadja Büchler noch vor Beginn des dreißigminütigen Films. „Vor zwei Jahren haben wir mit unserem Abschlussprojekt begonnen. Es war eine spannende und emotionale Zeit“. Über Bekannte haben die drei Studierenden die Jungs und ihre Familien ausfindig gemacht und sie nach einem ersten Kennenlernen monatelang mit der Kamera begleitet. „Durch die vielen Besuche ist irgendwann eine sehr intime Atmosphäre zwischen uns entstanden“, so Nicole Rieber. Den Studierenden sei es am Herzen gelegen, ganz nah an den Protagonisten zu sein. „Wir wollten die Geschichte der drei Jungs nicht erzählen, sondern sie selbst erzählen lassen“, sagte Benjamin Dornis. „So, wie es die Medien gerade nicht tun.“ Bei einer Fragerunde nach der Premiere wollte eine Zuschauerin wissen, wie es den drei Jungs jetzt ginge, denn die waren selbst im Publikum anwesend. „Es ist ein schlechtes Gefühl, die Bilder vom Krieg zu sehen. Aber es ist wichtig, dass sie gezeigt werden“, findet Ibrahim aus dem Libanon. Jetzt hoffen Büchler, Rieber und Dornis, dass ihr Film in Tübingen und Umgebung ins Programm genommen wird. lkc