Klima

Massive Investitionen in Wasserstoff

Bund und Baden-Württemberg unterstützen fünf Vorzeigeprojekte aus dem Land mit insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Wer sind die Profiteure und was haben sie vor?

29.06.2021

Von Roland Muschel

Daimler Truck ist mit der geplanten Entwicklung und Fertigung von Brennstoffzellen-Langstreckenfahrzeugen am Start. Foto: Daimler AG

Daimler Truck ist mit der geplanten Entwicklung und Fertigung von Brennstoffzellen-Langstreckenfahrzeugen am Start. Foto: Daimler AG

Der aus erneuerbarem Strom hergestellte grüne Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Wirtschaft und obendrein als Wachstumsmarkt. Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass Deutschland in der Wasserstoffwirtschaft weltweit eine führende Position einnimmt. Baden-Württemberg hat ausweislich seiner Wasserstoff-Strategie sogar das Ziel, auf diesem Gebiet „weltweit Vorreiter“ zu werden.

Für die Verwirklichung der Pläne nimmt der Bund 5,8 Milliarden Euro für ein mit der EU abgestimmtes Förderprogramm in die Hand. Neben fachlichen Kriterien ist ausschlaggebend, dass die Bundesländer, in denen die Unternehmen sitzen, eine Kofinanzierung von 30 Prozent beisteuern. So fließen insgesamt bis zu rund 8 Milliarden Euro in die Strategie.

Angesichts der eigenen Ambitionen und der 70-Prozent-Finanzierung des Bundes will die Landesregierung nun grünes Licht für ihren Anteil geben. „Um den Markthochlauf für Wasserstofftechnologien in Baden-Württemberg zu unterstützen“, sollten die Fördermöglichkeiten genutzt werden, heißt es in einer Vorlage der Landesumweltministerin Thekla Walker (Grüne) fürs Kabinett, das die Kofinanzierung beschließen will. Die beläuft sich auf bis zu 360 Millionen Euro.

Aus 230 Einreichungen, davon 17 aus Baden-Württemberg, hat der Bund inzwischen 62 Projekte ausgewählt. Fünf dieser Leuchtturmvorhaben haben einen Schwerpunkt im Südwesten, zwei davon noch einen in Rheinland-Pfalz respektive Bayern. Auf das Quintett entfällt ein Gesamtförderbetrag von 1,7 Milliarden Euro.

Der Löwenanteil der Summe winkt Daimler: Der Stuttgarter Konzern kann, verteilt auf zwei Projekte, insgesamt mit einer Milliarde Euro an Steuergeld rechnen. Zentrales Vorhaben ist die von den Lkw-Produzenten Daimler Truck und Volvo in einem Joint Venture geplante „Brennstoffzellen Gigafactory“ mit einem Gesamtfördervolumen von 602 Millionen Euro.

Im Kern geht es dabei um eine Weiterentwicklung des Brennstoffzellensystems für die Anwendung im Schwerlastverkehr. Der Aufbau einer Pilotproduktion ist in Esslingen geplant, der Standort für die Großserienproduktion ist offen, bei einer Entscheidung für Baden-Württemberg würde das Land 181 Millionen Euro beisteuern.

Die Daimler Truck AG will in einem weiteren Projekt 100 Brennstoffzellen-Lkw entwickeln und fertigen und vier Jahre lang von bis zu 20 Speditionen testen lassen. Die Laster sollen mit einer Tankfüllung flüssigen Wasserstoffs eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometern fahren können.

Module auch für Schiff und Bahn

Entwicklung sowie Produktion der Brennstoffzellensysteme sollen in Baden-Württemberg erfolgen, die Fertigung der Lkw in Rheinland-Pfalz. Das Fördervolumen beträgt 403 Millionen Euro, 21 Millionen Euro entfallen auf Baden-Württemberg.

Der Autozulieferer ElringKlinger mit Sitz in Dettingen an der Erms (Kreis Reutlingen) will neue, leistungsfähige Module der Brennstoffzellen für schwere Nutzfahrzeuge, aber auch für die Schifffahrt und den Schienenverkehr entwickeln und zur Serienfertigung bringen. Das Projekt soll mit 243 Millionen Euro bezuschusst werden, 73 Millionen Euro kommen vom Land.

Auf den Weinheimer Autozulieferer Freudenberg Performance Materials entfällt ein Förderbetrag von 176 Millionen Euro für die Entwicklung von Schlüsselkomponenten für die Brennstoffzellen und den Aufbau einer klimafreundlichen Serienproduktion. Das Land steuert 53 Millionen Euro bei.

Der Bosch-Konzern hat sich um Zuschüsse für ein stationäres Brennstoffzellensystem beworben, das im Raum Stuttgart entwickelt und in Bayern produziert werden soll. Das Land steuert 24?Millionen Euro zum Förderbetrag von 160 Millionen Euro bei.

Von europäischem Interesse

Beim Aufbau eines Wasserstoffmarktes arbeiten 22 EU-Mitgliedsstaaten zusammen, um Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette für Wasserstofftechnologien und -systeme zu fördern. Die Mittel müssen die beteiligten Staaten bereitstellen. Die EU selbst gibt kein Geld dazu, hat für die nationalen Beihilfen aber die ansonsten restriktiven Regeln für Förderung und Zuschüsse aufgehoben. Die Begründung: Die Wasserstoffprojekte seien von europäischem Interesse.

Der Bund stellt für die Förderung der Wasserstoffprojekte 5,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Länder müssen sich zu einer Kofinanzierung in Höhe von 30 Prozent bereiterklären. Andernfalls schichtet der Bund seine Mittel für Projekte anderer Länder um.

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Erstellt:
29.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 29.06.2021, 06:00 Uhr

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