Schwerpunkt: KI

Maschinen ein Gespür beibringen

Das Tübinger Start-up Colugo hilft Unternehmen dabei, Geschäftsprozesse zu automatisieren und Potentiale zu heben. Die drei Gründer verstehen sich als Brücke zwischen Industrie und Wissenschaft. Mit KI-Kunstprojekten lernen sie, spielerisch an Themen heranzugehen.

13.12.2019

Von TEXT: Lisa Maria Sporrer|FOTO: Unternehmen

Künstliche Intelligenz und Kunst: im Rahmen von Innovationsprojekten entwickelt Colugo Verfahren, die selbstständig Bilder malen.

Künstliche Intelligenz und Kunst: im Rahmen von Innovationsprojekten entwickelt Colugo Verfahren, die selbstständig Bilder malen.

Nachdem die Digitalisierung in Unternehmen Einzug gehalten hat, ist nun das Thema Künstliche Intelligenz – KI oder AI für Artificial Intelligence – in aller Munde. Unbestreitbar ein Hype, von dem sich Unternehmen höhere Produktivität bei geringeren Kosten erhoffen. Aber die Geschäftsprozesse eines Unternehmens zu automatisieren ist leichter gesagt als getan. Zwar stehen viele Führungskräfte dem Wandel positiv gegenüber – wissen aber nicht, wie und wo sie mit der komplizierten Umstrukturierung anfangen sollen.

Da setzt Colugo an, ein Start-up, das sich als Brücke zwischen Industrie und Wissenschaft versteht. Was genau Künstliche Intelligenz ist, wollen die drei promovierten Wissenschaftler Niklas Fricke, Johannes Stelzer und Alexander Loktyushin nicht definieren. Eben deshalb, weil es keine exakte Definition gibt. „Aber man kann sich dem Begriff annähern. Intelligente Systeme haben gewisse Sinneskanäle. Das kann man sich wie ein künstliches Gehirn vorstellen“, sagt Stelzer. Die Strukturen und versteckten Muster, die in den gigantischen Datenmengen dieses „Gehirns“ liegen zu finden und daraus Entscheidungen abzuleiten, das ist die Herausforderung für das Start-up, das sich im April dieses Jahres offiziell gegründet hat. „In einigen Projekten geht es darum, Maschinen ein Gespür beizubringen“, sagt Fricke. Einige Unternehmen, die sich an Colugo wenden, hätten genaue Vorstellungen, was sich ändern soll. Andere noch nicht. „Wir zeigen den Kunden dann, welches Potential in ihren Daten steckt bezüglich der Effektivität und wirtschaftlichen Ersparnis“, sagt Fricke.

Fricke, 35, hat Colugo bereits 2016 gegründet. Damals, in Leipzig, noch mit einer anderen Ausrichtung: Datenanalysen, um Oberflächen von Software zu optimieren. Dann kam Fricke zurück nach Tübingen. Aus Leipzig kennt er Stelzer, beide haben dort promoviert. Stelzer arbeitete anschließend in Tübingen beim Max-Planck-Institut. Dort lernte er Loktyushin kennen. Die drei fingen an gemeinsam Projekte zu programmieren – Innovationsprojekte nennen sie das. Noch heute arbeiten sie nebenbei daran. „Wir schauen, wie man neue Technologien auch künstlerisch benutzen kann“, sagt Fricke. Dafür durchforsten sie den KI-Raum. Und entwickeln Ideen weiter. Etwa die von Software generierten Gesichtern. Den Algorithmus der auf einen riesigen Datensatz von realen Bildern trainiert wurde und der eine Art neuronales Netzwerk verwendet, um neue Bilder zu erzeugen, wurde von einem amerikanischen Softwareentwickler kreiert. „Man könnte damit interessante Sachen im Bereich digitale Kunst machen“, sagt Fricke. „Es ist für uns wichtig, mit Technologien spielerisch umzugehen“, sagt Stelzer. Etwa mit den Softwarealgorithmen von „Neural Style Transfer“, die digitale Biler bearbeiten, um das Erscheinungsbild eines anderen Bildes zu übernehmen. „Das ist ein Spiel mit Assoziationen“, sagt Stelzer und wischt über sein Tablet, auf dem sich dadurch neue Bildelemente ergeben, neue Farben, neue Formen. Die neu navigierten und sich durch den verfeinerten Algorithmus immer verändernden Bilder sehen so interessant aus, dass die drei Gründer an eine Kunstausstellung im kommenden Jahr denken.

„Aber das sind ja nur unsere Innovationsprojekte, Anregungen für uns, am Ball zu bleiben, wichtige Inspirationen für unsere Arbeit“, sagt Stelzer. Denn konzentrieren wollen sich die Wissenschaftler auf ihre eigentliche Arbeit, ihr Beratungsunternehmen. Und das ist gefragt, besonders im Bereich Maschinenbau und Medizintechnik. Die meisten Kontakte haben sie über Netzwerkveranstaltungen der Industrie- und Handelskammer knüpfen können, sagt Fricke.