Mahana - Eine Maori-Saga

Mahana - Eine Maori-Saga

Im Neuseeland der 1960-er Jahre lehnt sich ein junger Schafscherer gegen die Tyrannei des Familienpatriarchen auf.

01.05.2016

Von Dorothee Hermann

Mahana: Eine Maori-Saga

Der alte Maori Tamihana Mahana (Temuera Morrison) ist ein sozialer Aufsteiger, dem der Erfolg nicht ganz geheuer ist. Seinen dreiteiligen Anzug trägt er wie eine Rüstung, als müsse er noch im Festtagsstaat beständig gegen feindliche Einflüsse ankämpfen.

Für Tamihana ist es ein unerwarteter Schlag, als seine Macht innerhalb der Großfamilie zu bröckeln beginnt: Der 14-jährige Enkel Simeon (Akuhata Keefe) ist ein Typ, der eher Fragen stellt, als einfach zu akzeptieren, was ihm vorgelebt wird – ganz so, als wäre der antiautoritäre Zeitgeist der 1960-er Jahre auf geheimnisvolle Weise bis an die ländliche Ostküste Neuseelands vorgedrungen. Ausgerechnet die kernigen Helden aus den Hollywood-Western machen den Kids vor, wie man für sich selbst eintritt.

Ins Zentrum des mit fast alttestamentarischer Wucht abrollenden Dramas setzen der neuseeländische Regisseur Lee Tamahori („Die letzte Kriegerin“) und Autor Witi Ihimaera („Whale Rider“) ein bitteres Familiengeheimnis, dem ausgerechnet Simeon auf die Spur kommt. Der begabte Junge lernt schnell, wie brüchig auf Gewalt gegründete Beziehungen (und Gesellschaften) sind.

Zunächst katapultiert sein Widerspruchsgeist Simeon und dessen Familie aus dem Dunstkreis des Alten in eine mühselige Tagelöhner-Existenz. Die einigermaßen berechenbaren Verdienstmöglichkeiten als Schafscherer kontrolliert der Patriarch, der die schweißtreibende Arbeit, die der Familie einen gewissen Wohlstand verschaffte, längst an seine zahlreichen Nachkommen delegiert hat: Er verleiht sie truppweise an die benachbarten Großfarmen – stets in erbitterter Konkurrenz zur Familie Poata, der rivalisierenden Scherer-Dynastie der Gegend.

Wie es um die wahren Besitzverhältnisse down under steht, thematisiert der Film nur indirekt. Das Muskelspiel der Maori-Männer unter den Akkordbedingungen der Schur verweist auf die Indienstnahme des (indigenen) Körpers – während man den Einsatz der scharfen Schermesser so hautnah mitverfolgt, dass man beinahe mit den Schafen zittert, ob die Klingen tatsächlich nur Wolle erwischen und nicht schon ein Stückchen Haut. Lehrer, Justiz, Ärzte und Medien werden hingegen ausschließlich von europäischstämmigen Pakeha gestellt. Mit ihren militärisch akkuraten Haarschnitten scheinen sie aus dem Kolonial-Bilderbuch entsprungen. Großartige Landschaftsaufnahmen schaffen den epischen Rahmen.

So hat man das Aufbegehren der Sixties noch nicht gesehen: in einer Maori-Familie.

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Erstellt:
01.05.2016, 18:24 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 01.05.2016, 18:24 Uhr

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