11 000 Quadratmeter Leerstand

Logistik-Spezialist ITG schließt in Gomaringen noch im März den Lager-Standort

Bis Ende des Monats wird die Gomaringer Niederlassung des Logistik-Anbieters ITG geschlossen. Das Großunternehmen nennt schwächelnde Auftragslage in der Region als Grund für den Abgang.

10.03.2016

Von Eike Freese

Direkt neben den bald stillgelegten Anlagen von Coca-Cola in Gomaringen (linker Bildrand) liegt der große Lager- und Logistik-Standort der ITG in Gomaringen. Bis Ende März soll noch weitergearbeitet werden, dann stehen auch hier die Hallen leer. Unser Luftbild stammt aus dem Jahr 2013. Bild: Franke

Direkt neben den bald stillgelegten Anlagen von Coca-Cola in Gomaringen (linker Bildrand) liegt der große Lager- und Logistik-Standort der ITG in Gomaringen. Bis Ende März soll noch weitergearbeitet werden, dann stehen auch hier die Hallen leer. Unser Luftbild stammt aus dem Jahr 2013. Bild: Franke

Gomaringen. Es ist ein bemerkenswerter Zufall, aber doch ein Zufall, dass direkt neben dem Gomaringer Standort von Coca-Coca Deutschland (wir berichteten in der vergangenen Woche) nun das nächste Logistik-Lager die Pforten für immer schließt. Die örtliche Niederlassung des Lager- und Transport-Unternehmens ITG (über 1000 Mitarbeiter deutschlandweit) stellt bis Ende März die Arbeit ein. Die rund 11 000 Quadratmeter Gewerbe-Fläche sind bald genauso vakant wie die ähnlich großen Anlagen von Coca-Cola direkt daneben. Die ITG-Zentrale bei München nennt gegenüber dem TAGBLATT eine Zahl von rund zwanzig Beschäftigten, die die Schließung in Gomaringen direkt betrifft.

Grund für das Aus, so ITG-Marketingchef Thomas Bogner gegenüber dem TAGBLATT, sei in erster Linie die mangelnde Auftragslage vor Ort. Die genaueren Gründe will er als Unternehmens-Interna behandelt wissen, aber: Jüngst habe sich mindestens ein maßgeblicher Kunde gegen eine weitere Zusammenarbeit entschieden. „Wir haben in Gomaringen ein Auslastungsproblem“, so Bogner. Die Hallen an der Siemensstraße seien ein relativ kleiner Standort im Niederlassungs-Portfolio des Unternehmens.

Seit 2013 gehört die ITG zur „LGI Supply Chain Solution GmbH“, einer Tochter des Logistik-Multis LGI (Logistics Group International) mit weltweit rund 4000 Mitarbeitern. Davor gehörte das Unternehmen der Deutschen Post. 2013 verbuchte ITG ein Umsatzplus von 6,6 Prozent auf damals 131 Millionen Euro – auf labilem Logistik-Markt indes kein wirklicher Indikator für unternehmerisches Wohlergehen.

Die verhältnismäßig neue Struktur unter dem Dach der LGI (450 Millionen Euro Umsatz in 2015) macht ITG-Mann Thomas Bogner als Vorteil für die Beschäftigten nach dem Ende in Gomaringen aus: „Wir haben allen eine Übernahme angeboten, die manche auch angenommen haben“, so Bogner: „Zudem haben wir über die LGI viele Partner-Standorte in der Region.“ In die unmittelbare Arbeitslosigkeit, versichert Bogner, würde keiner entlassen. Dass jetzt auch der Vertriebsstandort von Coca-Cola dichtmacht, so der Marketingleiter, sei „einfach eine Duplizität der Ereignisse“.

Die Gewerbefläche der ITG in Gomaringen gehört einer Logistik-Immobilien-Gesellschaft und ist an LGI nur vermietet. Der Mietvertrag läuft in Kürze aus – ein Mitgrund dafür, so Marketingleiter Bogner, dass das Unternehmen sich jetzt gegen eine Fortführung seiner Aktivität an der Wiesaz entscheidet. „Wir hätten wohl anders entschieden, wenn der Vertrag noch zehn Jahre gelaufen wäre“, so Bogner. Auslaufende Mietfristen von Standorten sind im schwankenden Logistik-Geschäft stets maßgebliche Entscheidungspunkte.

Die ITG-Niederlassung Gomaringen ist reiner Lager- und Logistik-Standort mit Hochregal- und Palettenlager, dazu ein wenig Bürofläche. Die weitaus meisten Beschäftigen in Gomaringen kommen aus dem Bereich Lager.

Die Logistik-Hallen an der Siemsstraße wurden 1999 nach intensiver Diskussion in der Lokalpolitik eröffnet (siehe Info-Box) – gegen nicht ganz unerheblichen Widerstand von Anwohnern. ITG und Gemeinde handelten Kompromisse aus, etwa bei der Einschränkung von Arbeitszeiten – unter anderem, um Lärm zu reduzieren. Dennoch gab es immer mal wieder Beschwerden von Anwohnern wegen des lauten Betriebs.

Dies und die erwähnten Einschränkungen bei den Zeiten haben bei der aktuellen Entscheidung gegen den Standort indes keine Rolle gespielt: „Es war hier durchaus restriktiv, aber man hat sich arrangiert mit den Jahren“, so Bogner: „Wären Kunden aus der Region gekommen, die ihren Bedarf bei uns angemeldet hätten, hätten wir den Standort Gomaringen mit Sicherheit erhalten.“

Der Logistiker ITG: in Gomaringen von 1999 bis 2016

Logistiker sind für viele Gemeinden eine eher ungeliebte Alternative für die örtliche Wirtschaft: Bei hohem Flächenverbrauch bieten sie oft nur wenige Arbeitsplätze. Das und anderes wurde in der Bürgerschaft diskutiert, als sich der Gomaringer Gemeinderat Ende der 1990er für die Logistik-Nutzung der rund 11 000 Quadratmeter an der Gomaringer Siemensstraße aussprach. 1999 eröffnete das Unternehmen ITG die rund 100 mal 100 Meter große Halle, die rund 60 Millionen Euro kostete. Damals hatte ITG den Standort von Lichtenstein nach Gomaringen verlagert. Auch nach dem Pro für den weiteren Logistik-Standort im Gomaringer Westen gab es Ärger: Anwohner beschwerten sich immer mal wieder vor allem über den Lärm, der vom Betrieb ausging. Die Gemeinde suchte mehrmals den Kompromiss mit der Firma.

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Erstellt:
10.03.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 01sec
zuletzt aktualisiert: 10.03.2016, 01:00 Uhr

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