Tübingen · Vogelbeobachter

Mehr Zeit fürs Hobby

Wie die Pandemie unser Freizeitverhalten verändert: Ein Tübinger Forschungsteam befragte Ornithologen. Sie schränkten ihren Radius ein.

27.10.2020

Von ST

Auch während des Lockdowns im Frühling wurden Vögel beobachtet. Bild: WavebreakmediaMicro/ stock.adobe

Auch während des Lockdowns im Frühling wurden Vögel beobachtet. Bild: WavebreakmediaMicro /  stock.adobe

Die Pandemie verändert auch unser Freizeitverhalten und das Sozialleben vieler Menschen. In welchem Ausmaß, haben Wissenschaftler der Universität Tübingen erstmals systematisch am Beispiel der Vogelkunde untersucht.

Mit einem internationalen Team befragten sie insgesamt 4500 ehrenamtliche Vogelbeobachter weltweit, was sich für sie während des Lockdowns von Ende März bis Anfang Mai geändert hatte. Die beste Nachricht für das Forschungsteam: Die Datenlage in sogenannten „Citizen Science“-Projekten, also Forschungsprojekten, bei denen sich Bürger beteiligen können, hat sich auch unter den Einschränkungen eines Lockdowns nicht unbedingt verschlechtert. Mehr als 600000 Menschen weltweit beobachten und zählen in ihrer Freizeit regelmäßig Vögel. Ihre Ergebnisse stellen sie auch „Citizen Science Projekten“ zur Verfügung. „Das sind gewaltige Datenmengen, die einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für unsere Arbeit leisten“, sagt Christoph Randler, Professor für Didaktik der Biologie an der Universität Tübingen. Sein Team hatte für die systematische Erhebung die Gemeinschaft der „Birder“ als Beispiel für eine naturorientierte Freizeitbeschäftigung ausgewählt.

In den Rückmeldungen bestätigten 85 Prozent der Befragten, dass die Corona-Pandemie und der Lockdown ihr Verhalten verändert habe. 60 Prozent gaben an, die Situation habe den Radius für Beobachtungen auf die nähere Umgebung eingeschränkt.

Ihrem Hobby ging die große Mehrheit dennoch nach: Nur acht Prozent der Befragten stand weniger Zeit für Vogelbeobachtung zur Verfügung. 12 Prozent sagten, sogar deutlich mehr Zeit für ihr Hobby zu haben. Manche veränderten lediglich ihren Tagesrhythmus: Sie bevorzugten frühere oder spätere Zeiten als gewohnt, um anderen Menschen aus dem Weg zu gehen. Am häufigsten änderte der Lockdown die sozialen Interaktionen, weil ein gemeinsames Beobachten nicht mehr möglich war. Dies beklagten vor allem Frauen und ältere Menschen.

Besonders Menschen aus höher entwickelten Ländern berichteten, dass sie mehr Zeit für die Vogelbeobachtung hätten. Zwar beklagten sie die Reisebeschränkungen des Lockdowns, waren aber weniger zeitlichen und räumlichen Einschränkungen unterworfen als Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern.

„Insgesamt hat mich an der Studie fasziniert, dass eine starke Verbundenheit innerhalb der Community deutlich wurde“, sagt Christoph Randler. Selbst Menschen, die durch den Lockdown ans Haus gebunden seien, verfolgten ihr Hobby weiter und beobachteten zumindest am Fenster Vögel. „Der insgesamt positive Tenor der Antworten hat mich persönlich durch den Lockdown getragen.“ST

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Erstellt:
27.10.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 08sec
zuletzt aktualisiert: 27.10.2020, 01:00 Uhr

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