Tübingen

Literaturstadt

In Tübingen gibt es einen multimedialen Literaturpfad, der die Besucher an Orte ehemals wirkender Schriftsteller führt („Die Schriftstellerdichte rief, die Stadt antwortet“, 4. Juli, Regionale Kultur).

06.07.2019

Von Udo Halbscheffel, Tübingen

Ernst Bloch war nicht in erster Linie Schriftsteller, deshalb bekam sein Haus keine Plakette im Rahmen des gerade eröffneten Tübinger Literaturpfades. Auch ein Grab auf dem Stadtfriedhof war ihm nicht beschieden, obwohl ein TAGBLATT-Redakteur es vor Jahren einmal behauptete. Der hätte es besser wissen können, hätte er beim Kollegen Hornbogen nachgelesen („Der Tübinger Stadtfriedhof“, Seite 81).

Auch Peter Ertle wäre mit der Lektüre von Hornbogens „Tübinger Dichter-Häuser“ besser gefahren und hätte nicht berichtet, Jakob van Hoddis habe fünf Jahre bei Familie Dieterle in Lustnau gelebt. Richtig ist vielmehr, dass van Hoddis zwei Jahre in der Wilhelmstraße 25 und knapp drei Jahre in der Sofienstraße 2 bei Dieterles als Untermieter wohnte. Dort in der Weststadt schon vor Jahren eine Plakette am Haus anzubringen, ist das Verdienst der Hausbesitzer in der Sofienstraße. Dass man die Station 30 des Literaturpfades in der Osianderstraße 24 (Psychiatrische Klinik) verortete, wo sich van Hoddis nur etwa drei Wochen unfreiwillig aufhielt, leuchtet mir gar nicht ein, die Sofienstraße wäre sinnvoller gewesen. Obwohl allerorten von Tübingen als einer Literaturstadt sondergleichen gesprochen wird, darf deren Präsentation den städtischen Haushalt nicht belasten. Ertle prangert mit Recht an, wenn er schreibt, dass ohne den Nachlass von Gastl/Schaal der Literaturpfad Wunschdenken geblieben wäre.