Schelte für Grün-Rot

Linken-Spitzenkandidat Bernd Riexinger trommelt im Haus der Jugend

Der Linken-Spitzenkandidat Bernd Riexinger hat sich am Dienstagabend vor 60 Zuhörern im Reutlinger Haus der Jugend an der grün-roten Landesregierung abgearbeitet.

10.03.2016

Von Matthias Reichert

Linken-Spitzenkandidat Bernd Riexinger trommelt im Haus der Jugend

Reutlingen. Eigentlich hatte sich die komplette Bundesspitze der Linken in Reutlingen angekündigt, die sich Ende Mai beim Bundesparteitag in Magdeburg zur Wiederwahl stellt. Doch Mit-Vorsitzende Katja Kipping war krank. Die Tübinger Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel sprang ein. Auch Günter Herbig, Kandidat im Wahlkreis Hechingen-Münsingen, fehlte erkrankt.

Hänsel prangerte am Weltfrauentag die weltweit ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern an: „Armut ist weiblich.“ Die Reutlinger Kandidatin Jessica Tatti präzisierte, Frauen verdienten in Deutschland 22 Prozent weniger als Männer. Baden-Württemberg sei sogar bundesweites Schlusslicht – hier betrage die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor 31 Prozent. Tatti erklärte: „Es ist eine Schande, dass es bei uns ein Berufsrisiko ist, Frau zu sein.“

Spitzenkandidat und Bundes-Co-Vorsitzender Bernd Riexinger nannte die „rechte Hetze“ zum Flüchtlingsthema „unerträglich“. Die AfD propagiere Werte des christlichen Abendlandes und trete zugleich „für Stacheldraht und Schießbefehl“ an den Grenzen ein. „Mit meinen Werten ist es nicht vereinbar, wenn Menschen im Mittlermeer ertrinken“, sagte Riexinger unter Beifall.

Der 60-Jährige kritisierte, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet. Er stichelte gegen hohe Parteispenden für die Grünen. Die hätten 300 000 Euro von einem Hedgefondsbesitzer und Finanzspekulanten kassiert und forderten dabei doch selbst 100 000 Euro als Spenden-Obergrenze.

Der 2011 versprochene grün-rote Politikwechsel im Land sei ausgeblieben: „Die Regierung hat fast alles so gemacht, wie es die anderen auch gemacht hätten.“ Die SPD habe ihr Versprechen für ein gebührenfreies Jahr in Kindertagesstätten nicht gehalten – „wahrscheinlich, damit sie es jetzt wieder plakatieren kann“. Grün-Rot habe 21 000 öffentliche Wohnungen an die Immobilien-AG Patrizia verkauft, die diese mit Millionengewinn weiterverkauft habe. In zehn Jahren seien in Baden-Württemberg 84 000 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen. Die Linken versprechen 50 0000 neue Wohnungen im Jahr, davon erst 15 000 und im nächsten Jahr 25 000 mit Sozialbindung.

Riexinger sagte, im Land fehlten 16 000 Kräfte in der Pflege und 10 000 Erzieherinnen. Zudem müssten diese Berufe dringend besser bezahlt werden. Die Linke will ein Sofortprogramm gegen Armut, bezahlbare Wohnungen, ein landesweites Sozialticket sowie ein kostenloses Mittagessen für jedes Kind in Kitas und Schulen. Sie tritt gegen „die zunehmende Verfestigung unsicherer und prekärer Beschäftigung“ an, gegen Leiharbeit, Werkverträge und Job-Befristungen. Sie will Vermögende höher besteuern, auch bei der Erbschaftssteuer: „Erben ist keine gesellschaftliche Leistung.“

Riexinger nannte die grün-rote Politik „halbherzig“. Bildung werde weiter über soziale Herkunft geregelt. Die Grünen würden nicht über Menschen auf der Schattenseite des Lebens reden. Und: „Die SPD ist als soziales Korrektiv dieser Landesregierung völlig ausgefallen“, so der Bundeschef. „Nils Schmid ist die personifizierte Schwarze Null und hat probiert, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei der Erbschaftssteuer rechts zu überholen.“