Biopic

Lektion fürs Leben

In "Die Fabelmans" erzählt Steven Spielberg von seiner glücklichen Kindheit, den ersten Schritten als Filmemacher und einem Familiengeheimnis.

09.03.2023

Von Gerhard Midding, epd

Beginn einer Karriere: Gabriel LaBelle als Sammy Fabelman.   Foto: Merie Weismiller Wallace/Universal/Storyteller Distribution Co., LLC./dpa

Beginn einer Karriere: Gabriel LaBelle als Sammy Fabelman. Foto: Merie Weismiller Wallace/Universal/Storyteller Distribution Co., LLC./dpa

Berlin. Der Film beginnt genau dort, wo er beginnen sollte: im Kino. Im Jahr 1952 wartet der kleine Sammy mit seinen Eltern in der Schlange vor einem Filmpalast, in dem „Die größte Schau der Welt“ gezeigt wird. Allerdings hadert der Achtjährige noch mit seiner späteren Bestimmung. Das Dunkel des Saals, den er betreten soll, und die große Leinwand schüchtern ihn ein. Seine Eltern müssen mit Engelszungen auf ihn einreden. Der Vater erklärt begeistert, wie eine Filmprojektion funktioniert. Und die Mutter verspricht, gleich werde er Träume sehen, die er nie vergessen wird. Aber Träume machen ihm Angst.

An diesem Abend wird Sammy sie auf einen Schlag verlieren. Mit großen Augen verfolgt er das prächtige Spektakel auf der Leinwand. Besonders das Eisenbahnunglück in Cecil B. DeMilles Zirkusfilm fasziniert ihn. Wie gut, dass Weihnachten vor der Tür steht (besser gesagt: Chanukka, denn die Fabelmans sind Juden) und er sich eine Spielzeugeisenbahn wünschen kann. Nun stellt er die Filmszene wieder und wieder nach – und zu seinem großen Glück gibt es im Haushalt eine Kamera, mit der er den Zusammenstoß filmen kann. Eine Leidenschaft ist geboren. In „Die Fabelmans“ blickt Steven Spielberg zurück auf seine Kindheit und Jugend.

Sammy wächst in einem Mittelklassehaushalt auf, in dem Wärme und Optimismus herrschen. Vater Burt (Paul Dano) ist erfolgreicher Ingenieur, Mutter Mitzi (Michelle Williams) gab ihre Karriere als Pianistin auf, als das erste Kind kam. Eine vergnügte Exzentrik hat sie sich bewahrt. Der Techniker, die Künstlerin: Das wird ein zweifaches Erbe für den späteren Filmemacher sein. Sammys Schwestern wiederum sind lebhafte, eigensinnige Gefährtinnen. Bennie (Seth Rogen), der beste Freund des Vaters, gehört mit dazu.

Das Drehbuch, das Spielberg mit dem Dramatiker Tony Kushner schrieb, nimmt sich viel Zeit für dieses behütete Heranwachsen. Es mäandert sogar, aber das gehört sich für einen Familienfilm. Burts berufliche Laufbahn rekapituliert wie nebenbei die Entwicklung der amerikanischen Computerindustrie. Sie gibt dem Film seine Struktur: Bald zieht die Familie von New Jersey nach Arizona und schließlich Kalifornien. Zielstrebig schreitet die Handlung auch dank Sammy (als Teenager: Gabriel LaBelle) voran, der eifrig Erfahrungen hinter der Kamera und am Schneidetisch sammelt. Mit seinen Pfadfinderfreunden dreht er Western und Kriegsfilme.

Derweil legen sich Schatten über die Ehe von Mitzi und Burt. Ihr Sohn gewinnt erst eine Ahnung davon, als er die Aufnahmen eines Familienausflugs montieren will. Hinter den Impressionen von Ausgelassenheit und Harmonie kommt eine andere Wahrheit zum Vorschein. Sprechen kann Sammy über seine Entdeckung nicht, aber er kann der Mutter seinen Film zeigen. Eine Lebenslektion.

In Kalifornien spitzen sich die Konflikte zu. Sammy steht nun zwischen den Eltern, die sich trennen wollen. Zudem wird er an der neuen Schule als Jude gemobbt. Es kündigt sich aber auch eine erste Liebesgeschichte an. In dem Film, den der Außenseiter über einen schulfreien Tag am Strand drehen soll, laufen alle Fäden zusammen. Seine Vorführung wird ein Triumph, aber Sammy erfährt an diesem Abend auch Enttäuschung und Verlust. Der Jungregisseur lernt, dass er Verantwortung trägt für die Gefühle, die ein Film in den Menschen freisetzt, die sich auf der Leinwand wiedererkennen. epd

„Die Fabelmans“, USA 2022, 150 Min., FSK 12, von Steven Spielberg, mit Gabriel LaBelle, Michelle Williams, Paul Dano, Seth Rogen, Judd Hirsch

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Erstellt:
09.03.2023, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 09.03.2023, 06:00 Uhr

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