Gesundheit Patienten

„Leider noch ein Torso“

Die Patientenakte kann ihre Wirkung noch nicht entfalten

04.05.2021

Von BERNHARD WALKER

Andreas Vogt, Experte von der Techniker Krankenkasse. Foto: TK

Andreas Vogt, Experte von der Techniker Krankenkasse. Foto: TK

Berlin. Noch sei die Elektronische Patientenakte (EPA) Stückwerk, meint Andreas Vogt von der Techniker Krankenkasse. Sie biete aber große Chancen.

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem kommt nicht voran. Woran liegt das?

Andreas Vogt: Über Jahre hinweg haben vor allem die Verbände der Ärzte, der Apotheken und der Krankenhäuser die Bedeutung der digitalen Vernetzung nicht erkannt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es vor mehr als 20 Jahren das erste Modellprojekt für die elektronische Gesundheitskarte im Raum Heilbronn gab. Darauf folgte aber nichts. Erst seit etwa fünf Jahren ist allen Akteuren im Gesundheitswesen klar, dass sich die digitale Vernetzung überhaupt nicht aufhalten lässt.

Wie kam es zu dieser Einsicht?

Die gesamte Wirtschaft hat sich digitalisiert. Wenn die Digitalisierung in der Automobilbranche, im Handel und im Tourismus voranschreitet, liegt auf der Hand, dass das im Gesundheitswesen nicht anders sein wird. Die Bürger fordern diesen Wandel regelrecht ein: Sie wollen digital Arzttermine machen, die Krankmeldung an den Arbeitgeber senden oder ihren Medikamentenplan auf einen Blick einsehen – und zwar im Rahmen einer einheitlichen Plattform. Die Frage ist also nur, wer diese liefert.

Und das können entweder Apple, Facebook und Google oder die Krankenversicherung machen?

Genau. Wobei völlig klar ist, was besser ist – nämlich nicht das Angebot profitorientierter Konzerne, sondern das der Sozialversicherung. Nur muss die Sozialversicherung dann eben auch eine digitale Lösung bieten, die für die Versicherten attraktiv ist, weil sie einen direkten Nutzen hat.

Ist die EPA so attraktiv?

Dafür bietet sie eine wirklich gute Chance. Im Moment ist sie leider noch ein Torso, weil Ärzte, Kliniken oder Apotheken erst ab Juli an die EPA angebunden sein werden und erst dann nach und nach elektronisch Daten zur Verfügung stellen werden. Kontraproduktiv ist, dass es seitens der Großen Koalition auch Überlegungen, dass die EPA verschiedene Apps aufweisen soll – also beispielsweise eine fürs elektronische Rezept und eine für die Notfalldaten. Die Versicherten wünschen sich aber nur eine App, in der alles steht und nicht mehrere. Bernhard Walker