VfB Stuttgart

Leidenschaft und Spaß statt Mathematik und Druck

Der neue Trainer Pellegrino Matarazzo geht den Auftrag Bundesliga-Rückkehr unerschrocken und voller Selbstbewusstsein an.

08.01.2020

Von GEROLD KNEHR

Hoch die Hände. Unter Pellegrino Matarazzo soll es beim VfB wieder rund laufen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Hoch die Hände. Unter Pellegrino Matarazzo soll es beim VfB wieder rund laufen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Stuttgart. Einen Trainerjob beim VfB Stuttgart anzutreten – das erfordert ein gewisses Maß an Courage und Unerschrockenheit. Beides hat Pellegrino Matarazzo zur Genüge. Anderenfalls hätte er beim Fußball-Zweitligisten nicht einen bis Sommer 2021 laufenden Vertrag unterzeichnet – als fünfter VfB-Trainer nach Tayfun Korkut, Markus Weinzierl, Nico Willig und Tim Walter in den vergangenen 16 Monaten und als vierter Stuttgarter Coach, seit Thomas Hitzlsperger zum Sportvorstand aufstieg.

Pellegrino Matarazzo (links) beim ersten Training mit Mario Gomez.  Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Pellegrino Matarazzo (links) beim ersten Training mit Mario Gomez. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Wie immer, wenn ein Neuer an den Cannstatter Wasen kommt, sind die Erwartungen hoch. Der Bundesliga-Absteiger und seine oftmals kritischen Fans versprechen sich vom neuen Coach die prompte Rückkehr in die Eliteliga. Pellegrino Matarazzo, den Hitzlsperger und Sportdirektor Sven Mislintat der Einfachheit halber nur „Rino“ nennen, lässt sich davon nicht einschüchtern. „Ich denke nicht daran, was schiefgehen kann, sondern was wir zusammen erreichen können.“

Für den ehemaligen Jugendtrainer Matarazzo, der bei 1899 Hoffenheim unter Julian Nagelsmann zum Co-Trainer der Bundesliga-Elf aufrückte, war immer klar, dass dies noch nicht die Endstation seiner Karriere sein würde. „Es war nie die Frage, ob ich einmal Cheftrainer sein möchte, sondern wann.“ Was aber nicht bedeutet, dass er nun wahllos zugegriffen hat, als das Angebot des VfB kam. Eine Offerte eines anderen Zweitligisten hatte er zuvor abgelehnt.

Nun packt er es an. Er fordert von seinem neuen Team einen dominanten Spielstil – und drückt gleichzeitig die hohen Erwartungen, die nun auf ihm liegen, beiseite. Von einem Himmelfahrtskommando jedenfalls will Matarazzo nichts wissen. „Ich fokussiere mich ganz auf meine Aufgabe. Aktuell verspüre ich keinen Druck, sondern habe sehr viel Spaß.“

Keine Lust auf Büro

Neben Matarazzo ein zweiter Neuer: Darko Churlinov kommt vom 1. FC Köln zum VfB. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Neben Matarazzo ein zweiter Neuer: Darko Churlinov kommt vom 1. FC Köln zum VfB. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Mit dem Fußball kam Pellegrino Matarazzo schon als Kind in Berührung. Sein italienischer Vater, der mit seiner Familie in den US-Bundesstaat New Jersey auswanderte, war zu der Zeit, als Diego Maradona für den SSC Neapel spielte, ein glühender Fan des italienischen Erstligisten – und entflammte seinen Sohn mit derselben Leidenschaft. Gleichzeitig ist Matarazzo ein Kopfmensch. Er studierte in New York Mathematik und hatte in diesem Bereich eine glänzende Karriere vor sich. „Aber ich konnte mir nicht vorstellen, den ganzen Tag im Büro zu verbringen. Ein paar Kumpels von mir haben dort sogar geschlafen. Das wollte ich nicht.“ Stattdessen setzte er auf die Karte Fußball – auch wenn er dort als Aktiver nicht viel Geld verdienen konnte. Eine schwere Knieverletzung verhinderte die in Deutschland anvisierte Sportlerkarriere. Matarazzo stand kurz davor, in die USA zurückzukehren. Das Angebot des 1. FC Nürnberg, in den Trainerberuf reinzuschnuppern, stellte dann die weiteren Weichen.

Ein direktes Trainervorbild möchte der neue VfB-Coach nicht nennen. Doch aus der Bewunderung für Julian Nagelsmann, mit dem er gemeinsam die Fußballlehrer-Ausbildung machte und der ihn in Hoffenheim zu seinem Co beförderte, kann Matarazzo nicht verhehlen. Nagelsmanns Fürsprache war letztlich auch ein entscheidender Grund, weshalb sich der VfB für ihn entschied. „Das war eine schöne Bestätigung unserer Wahl“, freute sich Hitzlsperger über das Urteil des Trainers von RB Leipzig.

Am Dienstag präsentiert sich der neue VfB-Trainer Pellegrino Mattarazzo erstmals den Medien. Foto: Sebastian Gollnow/dpa Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Am Dienstag präsentiert sich der neue VfB-Trainer Pellegrino Mattarazzo erstmals den Medien. Foto: Sebastian Gollnow/dpa Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Am Dienstag Vormittag leitete der 1,98-Meter-Mann mit Schuhgröße 47 1/3 erstmals das Training der VfB-Profis. Am Freitag fliegt er mit der Mannschaft ins Trainingslager nach Marbella. Dort will er mit jedem Spieler ein Vieraugengespräch führen. „Ich möchte jeden mitnehmen“, sagt Matarazzo, der seinen Führungsstil als „offen, kommunikativ, ehrlich und kritisch“ beschreibt.

Mit Mathematik hat Matarazzo längst abgeschlossen, weil ihm dort die Leidenschaft fehlte. Ein paar Dinge aber hat er in seine Liebe Fußball übernommen: die Akribie sowie sein strukturiertes und lösungsorientiertes Arbeiten.

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Erstellt:
08.01.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 08.01.2020, 06:00 Uhr

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