Afghanistan

Kommentar: Lehren aus dem Krieg

Ein langes, quälendes Kapitel der internationalen Sicherheitspolitik neigt sich dem Ende zu: Die internationalen Truppen verlassen nach 20 Jahren Afghanistan. Aus dem langen Einsatz lassen sich drei Lehren ziehen.

15.04.2021

Von STEFAN KEGEL

Berlin. Zum ersten eine positive: Die Nato funktioniert. In der schwersten Stunde der USA standen die Mitgliedstaaten zusammen und gingen gegen die Terrorplaner des 11.?September vor.

Die zweite Lehre ist weniger erbaulich: Demokratie lässt sich nicht exportieren. Der Versuch, ein tief in althergebrachten Strukturen verankertes Land binnen weniger Jahre in die Moderne zu katapultieren, ist gescheitert. Gleichwohl ist in dieser Zeit eine Generation junger Menschen durch die Schule gegangen, haben Frauen erlebt, was es heißt, in einer Gesellschaft Rechte zu haben. Für Afghanistan ist das ein riesiger Fortschritt – und eine Pflanze, die Früchte tragen kann.

Die dritte Lehre jedoch ist desaströs: Wenn die internationalen Truppen weg sind, werden die Taliban wiederkommen. Dass sie einen Frieden nur zu ihren Bedingungen akzeptieren, haben sie bereits klar gemacht.

War der Einsatz also umsonst? Nein. Die Terrorgefahr aus Afghanistan ist tatsächlich gesunken. Und es gibt immerhin die Hoffnung, dass die Taliban nicht erneut Terrorgruppen Unterschlupf gewähren werden. Schließlich hängt ihr Land am finanziellen Tropf der Weltgemeinschaft; sie werden es sich nicht ewig leisten können, als Paria angesehen zu werden. Falls doch, droht ihnen der Absturz als zweites Libyen, als gescheiterter Staat im Griff ausländischer Mächte. Spätestens dann wird sich die Frage stellen, ob sich dort noch einmal jemand die Finger verbrennen will.