Einrichtungsbranche

Leere Regale im Möbelhaus

Hersteller und Händler wie Ikea haben Probleme, ihre Waren zu produzieren und herzubekommen. Was sie dagegen tun.

15.10.2021

Von CAROLINE STRANG

Auch der Ikea in Ulm hat mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Auch der Ikea in Ulm hat mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Ulm. Dieses Angebot hat einen roten Punkt, der bedeutet: Derzeit nicht verfügbar. Wer im Moment bei Ikea ein Billy Bücherregal kaufen will, 80 Zentimeter breit, 40 Zentimeter tief und gut zwei Meter hoch, hat Pech. Es ist weder online lieferbar, noch in einem der über 50 Möbelhäuser in Deutschland zu kaufen. Überall nur rote Punkte. Wer ein etwas schmaleres gebrauchen kann, hat Glück. Denn so manch andere Größen des legendären Regals gibt es noch online oder in manchen Warenhäusern zu kaufen.

Diese Situation erklärt auch die ungewohnte Aufforderung: Normalerweise tut der schwedische Möbelhändler alles, um die Kunden in seine Läden zu locken. Denn er macht viel Umsatz mit Kleinkram, den die Kundinnen und Kunden in den Möbelhäusern noch nebenbei einpacken – wie Kerzen oder Servietten. Nun hat er erst im Heimatland seine Kunden aufgefordert, nicht einfach so vorbeizukommen.

Inzwischen hat Ikea auch in Deutschland eine klare Empfehlung, die eine Sprecherin des Unternehmens so formuliert: „Um jederzeit ein zufriedenstellendes Einkaufserlebnis zu gewährleisten, bitten wir unsere Kundinnen und Kunden, zuvor die Verfügbarkeit der gesuchten Produkte auf der ikea.de zu prüfen.“ Dabei seien sowohl die Lieferverfügbarkeit für das entsprechende Postleitzahlengebiet als auch die tagesaktuelle Verfügbarkeit des gesuchten Produktes in den Einrichtungshäusern abrufbar.

Der Grund ist wie in vielen anderen Branchen auch, dass die Lieferketten nicht mehr reibungslos funktionieren. „Anhaltende Störungen, überlastete Häfen und eine historisch hohe Nachfrage im vergangenen Jahr haben zu einem Ungleichgewicht auf dem globalen Seefrachtmarkt und in der Folge zu Einschränkungen in unserem Betrieb geführt“, erklärt die Ikea-Sprecherin auf Anfrage. „Für unsere Kunden ist es natürlich ärgerlich, wenn ein bestimmtes Produkt über einen längeren Zeitraum nicht verfügbar ist.“ Der Möbelhändler hat einiges unternommen, um dem entgegenzuwirken. „So haben wir zum Beispiel eigene Container gekauft oder zusätzliche Schiffe gechartert.“

Außerdem hat Ikea nach eigenen Angaben Produkte priorisiert. Das heißt: Besonders die Produktion von beliebten Produkten wird vorgezogen, damit diese weiter verfügbar sind. „Neben der Priorisierung unseres Sortiments und der Optimierung unserer Transportkapazitäten prüfen wir die Möglichkeiten einer verstärkten regionalen Warenversorgung“, sagt die Sprecherin. Bisher werden nach ihren Angaben 70 Prozent der in Europa verkauften Produkte auch in Europa produziert und beschafft.

Die mangelnde Verfügbarkeit von Waren und längere Lieferzeiten an die Kunden sind im gesamten Möbelhandel ein Thema: von stationären Einrichtungshäusern bis hin zu Online-Shops wie Home24, die ihre Kundinnen und Kunden im Internet auf die längeren Lieferzeiten hinweisen.

Unter den gestörten Lieferketten leiden auch die Möbelhersteller. Die klagen seit Monaten über eine zugespitzte Versorgungssituation bei wichtigen Produkten, mittlerweile herrscht ein extremer Mangel an Spanplatten und Metallteilen, sagen Branchenbeobachter. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Nachfrage nach Möbeln im Jahresverlauf am höchsten ist und die Auftragsbücher vieler Unternehmen voll sind.

Produktion ist eingeschränkt

Verantwortlich dafür sind auch immer noch die heruntergefahrenen Produktionen bei Grundstoffen zu Beginn der Corona-Pandemie, aber auch die große Nachfrage nach Baustoffen wie Holz oder Metall. „Inzwischen ist die Produktion bei rund der Hälfte der Unternehmen aufgrund von Materialengpässen eingeschränkt, vielfach sind Produktionstage weggefallen“, hatte Jan Kurth, Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie (VDM/VHK), unlängst auf Basis einer Umfrage im Sommer festgestellt. Dabei hatte sich die Möbelindustrie in der Pandemie viele Vorprodukte auf Lager gelegt. „Allerdings gehen diese Vorräte jetzt langsam zu Ende“, sagt Frank Müller, Pressesprecher der Möbelverbände Nordrhein-Westfalen, einem der Zentren deutscher Möbelproduktion.