Tübingen

Verkehrsexperte Schnaitmann: Langsame Züge zerstören den Takt

Bahnexperte Gerhard Schnaitmann sieht Verschlechterungen im ländlichen Raum. Kooperationen könnten helfen.

18.01.2021

Von Raimund Weible

Modellwechsel auf der Hohenzollerischen Landesbahn. Vorne der „Lint 54“ im knalligen Gelbton, daneben sein Vorgänger „RS1“ im nicht mehr ganz so knalligen Gelb. Bild: HZL

Modellwechsel auf der Hohenzollerischen Landesbahn. Vorne der „Lint 54“ im knalligen Gelbton, daneben sein Vorgänger „RS1“ im nicht mehr ganz so knalligen Gelb. Bild: HZL

Die Grünen und Landesverkehrsminister Winfried Hermann haben sich die Stärkung des Bahnverkehrs im ländlichen Raum auf die Fahne geschrieben. Der Tübinger Bahnexperte Gerhard Schnaitmann erkennt dennoch eine Tendenz, die dieser Politik zuwiderläuft. Die regionalen Achsen des Bahnverkehrs würden geschwächt, die zentralen Achsen hingegen gestärkt, „obwohl die eigentlich keiner Stärkung bedürfen“.

Schnaitmann ist ein alter Hase in der Nahverkehrsplanung. Bis Ende 2016 tüftelte er als Mitarbeiter der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg Fahrpläne aus, 2017 setzte ihn Minister Hermann als Sonderbeauftragten für die Qualitätssicherung des regionalen Schienenverkehrs ein. Heute noch ist Schnaitmann als Berater von kommunalen Eisenbahn-Zweckverbänden gefragt.

Umstieg auf Hauptverbindung

Schon beim Fahrplanwechsel 2019 hatte Schnaitmann eine Verschlechterung auf Strecken in Ost-West-Richtung durch den Nordschwarzwald beklagt. Die Fahrtzeiten der Züge zwischen Tübingen und Offenburg sowie von Tübingen nach Lahr hatten sich so verlängert, dass die Fahrgäste quasi zum Umstieg auf die Hauptverbindung über Stuttgart und Karlsruhe gedrängt wurden. „Eine kommode Fahrt nach Offenburg – die ist einfach weg“, ärgert sich Schnaitmann.

Gerhard Schnaithmann. Archivbild: Ulrich Metz

Gerhard Schnaithmann. Archivbild: Ulrich Metz

Zum Fahrplanwechsel 2020 stellt Schnaitmann einen Rückschritt auf der Strecke von Tübingen über Balingen, Albstadt und Sigmaringen nach Aulendorf fest. Dort sind die Regioshuttles ausgemustert worden, stattdessen kommen die langsameren Lint-Triebwagen zum Einsatz. Dadurch verlängert sich die Fahrt nach Sigmaringen um etwa zehn Minuten. Was bedeutet, dass der Anschluss nach Aulendorf nur noch alle zwei Stunden gewährleistet ist. Der frühere Stundentakt der Allgäu-Zollern-Bahn gehört damit der Vergangenheit an. Die Züge dazwischen fahren nur bis Sigmaringen. Weil sie dort zu spät ankommen, reicht es aber nicht mehr für das Umsteigen in den Anschlusszug nach Aulendorf.

Durch solche „Anschlussbrüche“ werde die Nutzung des Nebenstreckennetzes immer unattraktiver, kritisiert Schnaitmann. Der Experte befürchtet durch die Verschlechterung einen Verlust an Fahrgästen auf dieser Strecke. Die Kundschaft könnte auf die Hauptstrecken über Ulm ausweichen. „Oder aber sie dreht der Bahn den Rücken zu, steigt um aufs Auto oder nimmt den Fernbus, wenn er wieder fährt. Das bereitet mir große Sorgen“, sagt Schnaitmann.

Es gäbe durchaus Lösungen, sagt Schnaitmann, um den Stundentakt auf der Allgäu-Zollern-Bahn beizubehalten. Dazu müssten aber die Betreiber der Strecke, die Hohenzollerische Landesbahn und die Deutsche Bahn, miteinander kooperieren. „Idealer Moderator hierfür wäre das Land“, sagt Schnaitmann.

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Erstellt:
18.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 18.01.2021, 06:00 Uhr

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