Rottenburg

Langes Gedächtnis

Die Abteilung Forst des Landratsamtes Tübingen versprüht seit Montag im Rammert Kalk zum Schutz der Böden („Hilfe für versauerte Waldböden“, 7. September).

14.09.2018

Von Harald Kunz, Rottenburg

Das Landratsamt, gemeint ist die Forstbehörde meldet, der Waldboden im Rammert ist versauert, und kündigt eine Kalkung zum Schutz der Böden an. Diese werde mit EU-Mitteln gefördert. Dass die Kalkung versauerter, stickstoffgesättigter Böden unter Nadelbeständen zum weiteren Verlust an Biodiversität und Speicherfähigkeit führt, dürfte dem für die Maßnahme verantwortlichen Forstwirt Graf Götz von Bülow bekannt sein. Die lebewesenarmen, mit geringer Feinwurzelmenge und -tiefe ausgestatteten Nadelwaldböden können die durch den Kalk aufgelösten Nährstoffe nicht nutzen, die Böden verarmen weiter, dem Fichtenbestand droht mit künftigen extremen Natur-Ereignissen der Existenzverlust.

Eine Verbesserung gelänge mit einem, zugegeben, langwierigen Aufbau eines ,lebendigen Bodens‘ über die Durchmischung der Bodenschichten durch Lebewesen. Ist der Boden nicht Grundlage für die Forstwirtschaft? Standortferner Waldbau, standortfremde Baumarten, Bodenverluste durch Erschließung, Bodenschäden durch Forstmaschinen, Maßnahmen wie die angekündigte Kalkung schwächen den Boden, das Bodenleben und damit den Waldorganismus weiter. Der Boden hat ein langes Gedächtnis! Die aggressive Vorgehensweise der Forstwirtschaft mit dem Ziel maximaler Gewinnerzielung bedarf dringend der Rückbesinnung auf die Stärkung der ökosystemaren Leistungen des Waldes und der Achtung der Natur als unsere Lebensgrundlage (siehe Begründung zum Urteil Wirtschaftsziel im öffentlichen Wald; BGH 31.5.1990; 2BvR 1436/87 S. 39).