Rio de Janeiro

Lang lebe Königin Elizabeth!

Wolfgang Scheerer berichtet von seinen persönlichen Eindrücken bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.

05.08.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Rio. Man muss wirklich kein Freund der Monarchie sein. Aber dank der englischen Krone hatte es Thomas Bachs Vorgänger als IOC-Präsident 2012 in London deutlich einfacher.Was die Eröffnung der Olympischen Spiele anging, konnte es nur eine geben, die hier wirklich das Sagen hatte: Her Majesty The Queen. Elizabeth II. war zur Stelle, als der Belgier Jacques Rogge ihr das Wort übergab.

Tragende Rolle da, tragische hier: In Rio bekommt es Thomas Bach heute gar mit einem „Putschisten“ zu tun. So hat Ex-Präsidentin Dilma Rousseff, selbst ehemalige Guerillakämpferin, nach ihrer Amtsenthebnung wegen Bilanztricksereien beim Staatshaushalt wenig charmant ihren Nachfolger Michel Temer tituliert. Temer ist es, dem Bach heute bei der Eröffnungsfeier im Maracanãstadion das Mikrofon übergeben muss für den offiziellen Startschuss zu den XXXI. Olympischen Spielen.

Und Temer war es, der trotz allem die zunächst für 180 Tage beurlaubte Rousseff zur Eröffnungsfeier eingeladen hatte. Doch wie ihr Vorgänger und Parteifreund Luiz Inacio Lula da Silva boykottiert sie das wichtigste Ereignis der Spiele. Lula da Silva hatte maßgeblichen Anteil daran, dass Rio 2009 den Zuschlag für Olympia bekam. Doch auch er ist in den Bestechungsskandal verstrickt, der die Regierung in die Krise stürzte.

In diesem (Gefühls-)Chaos muss Bach gute Miene zu den bösen Spielen machen. Dann hat der Tauberbischofsheimer Rechtsanwalt auch noch den ganzen Ärger um die mehr oder weniger gedopten Russen an der Backe. Ein bisschen viel auf einmal für seine Eröffungspremiere, was Sommerspiele angeht. Im Winter 2014 in Sotschi fand er es neben Wladimir Putin vielleicht kuscheliger als jetzt bei der gefühlten menschlichen Kälte auf der Ehrentribüne im Maracanã. Dabei hält sich Bach aus politischen Fragen mit Hinweis auf die Neutralität der olympischen Bewegung immer so gerne raus – und steht jetzt doch zwischen allen. Da könnte man wirklich aufschreien: Lang lebe die Queen!