Ammertalbahn · „Die Probleme waren massiv“

Landratsamt erhielt eine Flut an Beschwerden · Das Problem sei behoben, sagt die Deutsche Bahn

Die Fahrgastzahlen der Ammertalbahn sprechen eine deutliche Sprache. Nach Jahren mit teilweise stürmischen Zuwächsen stagnierten die Fahrgastzahlen im Jahr 2016. An einigen Haltestellen, besonders nahe Herrenberg, gingen sie massiv zurück.

20.05.2017

Von Fred Keicher

Seit drei Wochen fährt die Ammertalbahn besseren Zeiten entgegen, sagt die Deutsche Bahn, die Ausfallquote sei besser geworden. Archivbild: Metz

Seit drei Wochen fährt die Ammertalbahn besseren Zeiten entgegen, sagt die Deutsche Bahn, die Ausfallquote sei besser geworden. Archivbild: Metz

Bei der Verbandsversammlung am gestrigen Freitag im Tübinger Landratsamt fragte Verbandsgeschäftsführer Dieter Braun, ob es vielleicht mit der Betriebsqualität zusammenhängen könne. Er führte als Vergleich auch an, dass der Verkehrsverbund Naldo im gleichen Zeitraum 0,5 Prozent weniger Fahrgäste hatte.

Landrat Joachim Walter und sein Erster Landesbeamter Hans-Erich Messner berichteten über die Flut an Beschwerden, die ihnen per E-Mail zukamen. „Die Probleme waren massiv“, sagte Landrat Walter. Die Kreisrätin und Ammerbucher Bürgermeisterin Christel Halm (CDU) konnte beisteuern, dass kürzlich beim Ammerbucher Jugendtag der größte Wunsch der Jugendlichen ein „verlässlicher ÖPNV“ gewesen sei.

Die Bahn hatte reagiert und schickte am Freitag zwei Vertreter in die Verbandsversammlung. Aus Ulm kam von der DB Regio Markus Kaupper, aus Tübingen Alexander Bleher vom RAB (Regionalverkehr Alb-Bodensee). Kaupper schilderte die großen Verschiebungen, die mit der Kündigung des Verkehrsvertrags durch die Landesregierung ausgelöst worden seien: „Weg von den großen Verkehrszusammenhängen hin zu einer kleinteiligen Zukunft.“

Ein „Sehr gut“ für Pünktlichkeit

Das „Los 15 Ammertal- / Ermstalbahn“ sei davon mittelbar betroffen gewesen durch die geringere Flexibilität. „Wir haben Verpflichtungen übernommen, die wir nicht immer gehalten haben“, sagte Kaupper selbstkritisch. Dazu sei ein doppelter Fahrplanwechsel gekommen, die Einführung von 130 neuen Waggons und 30 Lokomotiven. Damit waren die Werkstätten in Ulm zeitweise voll ausgelastet. Für das Tübinger Bahnbetriebswerk habe die „Rückfallebene Ulm“ nicht mehr zur Verfügung gestanden. Jetzt habe das Land eine neue Spätverbindung nach Sigmaringen (nach 23 Uhr) bestellt. Damit ergebe sich auch wieder die Möglichkeit eines „natürlichen Austausches“ von Fahrzeugen mit den Ulmer Werkstätten.

Die Osterferien seien der Schnittpunkt gewesen, sagte Bleher. Man habe im Betriebswerk Tübingen Luft gehabt. Vorher gab es Schwierigkeiten mit der Beschaffung von Radsätzen und dem Ausfall einer Hebeanlage. In den drei Wochen seit Ende der Osterferien seien bei 1580 planmäßigen Zugfahrten fünf teilweise und 14 ganz ausgefallen. Für Bleher eine erträgliche Ausfallquote von 1,2 Prozent. Die Note „Sehr gut“ erhielt von Bleher die Pünktlichkeit. 97 Prozent der Zugfahrten seien pünktlich. Was bei der Bahn heißt, sie haben weniger als fünf Minuten Verspätung.

Bei fünf Minuten Verspätung drohe aber in vielen Fällen der Verlust der Anbindung, sagte Landrat Walter. Ein neuralgischer Punkt sei der Bahnhof Herrenberg mit dem Übergang vom VVS auf die Ammertalbahn. „Wir haben massiv investiert, um 30 Sekunden Fahrzeit einzusparen. Und dann verlegt der VVS seine Abfahrtszeiten eine Minute früher.“

Arbeiten in den Sommerferien

Beschlossen hat die Verbandsversammlung jeweils einstimmig ein umfangreiches Investitionsprogramm. Knapp 110 000 Euro netto kostet das Dynamische Fahrgastinformationssystem, das in Echtzeit Fahrplaninformationen anzeigen kann. Genauso viel kosten elf neue Unterstände, die die maroden und beschädigten vorhandenen ersetzen sollen.

In die Sanierung des Oberbaus fließen dieses Jahr insgesamt 1,7 Millionen Euro. Dafür werden zwischen Tübingen-West und Pfäffingen die Schwellen und zwischen Tübingen und Unterjesingen Schlammstellen erneuert. Die Arbeiten werden während der Sommerferien ausgeführt, die Strecke ist dann gesperrt.

Der Entringer Bahnhof wird umgebaut, um den Anschluss des dort entstehenden Schulzentrums zu sichern. Gebaut wird eine Unterführung im Bahnhof zu einem neuen westlich davon liegenden Außenbahnsteig und ein neuer Bahnübergang, der bereits einen Namen hat: „Elefant“ – wie Christel Halm zur Erheiterung aller erzählte. Der Kostenanteil des Zweckverbands liegt bei etwa 700 000 Euro.

Begonnen hatte die Sitzung am Freitag mit der Dokumentation eines Farbwechsels: Die Ammertalbahn verwendet seit Anfang des Jahres keinen Graustrom mehr, sondern grünen Ökostrom, der zu 100 Prozent aus Wasserkraft stammt. Geliefert wird er von den Gemeindewerken Ammerbuch, deren Geschäftsführerin Andrea Herrmann sich freute, dass der Zweckverband hier eine Vorreiterrolle übernommen habe.

Die 13 Anlagen entlang der 21 Kilometer langen Strecke verbrauchen etwa 190 000 Kilowatt im Jahr. Durch den Ökostrom werden jährlich etwa 100 Tonnen CO2 eingespart. „Richtig spannend wird’s, wenn wir elektrifiziert sind“, sagte Landrat Walter, „dann können wir sagen: Die Ammertalbahn fährt mit Wasserkraft.“