Gesundheit
Land setzt auf Kooperation
Die Landesregierung will Forschungsergebnisse schneller zur Anwendung bringen. Dafür müssen nicht nur Universitäten zusammenarbeiten.
Stuttgart. Klasse durch Masse: Mit landesweiter Kooperation und einem „Innovationscampus“ im Rhein-Neckar-Raum will die Regierung Baden-Württembergs Hochschulmedizin international ganz nach vorn bringen. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) stellte die Initiative am Dienstag vor. Für diese nimmt das Land 120 Millionen Euro in die Hand.
„Wir sind im internationalen Vergleich mit relativ kleinen Einheiten unterwegs“, sagte Bauer in Stuttgart. Im Bereich der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz gehe es aber um kritische Masse: „Wir müssen Mengen zusammenbringen!“.
Die Medizinischen Fakultäten des Landes sollen deshalb gemeinsam mit den Uni-Kliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm nicht mehr nur punktuell zusammenarbeiten, sondern systematisch vernetzt werden – bei der Gesundheitsversorgung, bei Forschung und Lehre, aber auch als Innovationsgeber für die Wirtschaft. Thematische Schwerpunkte sind Digitalisierung, die Analyse großer Datenmengen und Vorbeugung. Das übergeordnete Ziel ist, Forschungsergebnisse schneller in die Anwendung zu bringen.
Das Wissenschaftsministerium soll dazu bis Ende Februar einen Kooperationsverbund als eingetragenen Verein gründen. Er soll Projektanträge bewerten und auf eine angemessene Beteiligung der Einrichtungen und Standorte achten. Bis einschließlich 2024 will das Land 80 Millionen Euro für das Projekt aufbringen. 42 Millionen Euro gab das Kabinett am Dienstag aus Mitteln des Nachtragshaushalts frei.
Wichtige Hochschulmedizin
„Die Corona-Pandemie hat die überragende Bedeutung der Hochschulmedizin für die Krisenreaktion, die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und die Entwicklung innovativer Ansätze im Land eindrucksvoll unter Beweis gestellt“, heißt es in der Kabinettsvorlage, die unserer Zeitung vorliegt. „Diese in der Pandemie gewachsene Kooperationsfähigkeit ist eine Chance, die Potenziale einer stärkeren Hochschulmedizin für das Land als Ganzes zu erschließen.“
Die vier Universitätskliniken hatten im Auftrag der Landesregierung im Frühjahr eine der bis dahin weltweit größten Studien zu Corona bei Kindern erstellt. Auch bei der Patientenversorgung und in der Impfstrategie des Landes spielen sie eine zentrale Rolle. Nicht zuletzt gehe es darum, Forschungsergebnisse schnell in Produkte umzusetzen, „wie wir es jetzt in hervorragender Weise bei den Impfstoffen gesehen haben“, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Zusätzlich zu dem Kooperationsverbund beschloss der Ministerrat für die Region Rhein-Neckar einen „Innovationscampus“ im Bereich Lebenswissenschaften und Gesundheitswirtschaft. Dahinter stehe derselbe Gedanke wie beim Innovationscampus „Cyber Valley“ zwischen Stuttgart und Tübingen, sagte Bauer: Forschung und Wirtschaft, Stiftungen und Gründerkultur zusammenzubringen. Es gehe darum, „die größten Talente anzuziehen, auch weltweit, und eine Strahlkraft zu entwickeln, die weit über die regionalen Grenzen hinausgeht“.
Die Region Rhein-Neckar verfügt über eine hervorragende Universität und zwei Kliniken, das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung, das Deutsche Krebsforschungszentrum, das Nationale Tumorzentrum, das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie und das Zentrum für Seelische Gesundheit – „also eine Dichte an exzellenten Einrichtungen gepaart mit einer Stärke und Dichte an Unternehmen in der Region, beispielsweise SAP, Roche oder die Siemens-Tochter Healthineers“.
Auch der „Innovationscampus“ ist bis 2024 angelegt. Es soll insgesamt 40 Millionen Euro kosten. Für 2021 und 2022 hat der Ministerrat 18 Millionen Euro aus dem Nachtragshaushalt bewilligt.