La Vie en grand

La Vie en grand

Zwei Teenager aus einer Pariser Vorstadt wollen mit einem Zufallsfund ins große Drogengeschäft einsteigen.

24.10.2015

Von Klaus-Peter Eichele

La Vie en grand

Vor zehn Jahren gingen die Jugendlichen aus den Beton-Banlieus französischer Großstädte auf die Barrikaden. Seitdem hat sich dort optisch und sozial wenig zum Besseren gewendet - so jedenfalls der erste Eindruck in dem Regie-Debüt des Kameramanns Mathieu Vadepied ("Ziemlich beste Freunde"). Chancen auf ehrbare Arbeit gibt es für die meist aus Einwandererfamilien stammenden jungen Leute kaum. Wer etwas werden will, handelt mit Drogen.

Insofern erscheint es dem 14-jährigen Adama wie ein Sechser im Lotto, als sein Kumpel einen gefundenen Batzen Haschisch anschleppt, den die beiden sogleich auf der Straße verticken. Vom Erlös kauft der Junge mit senegalischen Wurzeln seiner hart schuftenden Mutter eine Waschmaschine. Doch natürlich kommen die etablierten Gangs den Buben auf die Schliche und zwingen sie, in deren Auftrag weiterzudealen - was die finanzielle Lage der Halbwüchsigen keineswegs verschlechtert.

Die Geschichte vom Gettokid, das auf die schiefe Bahn gerät, ist nicht gerade rasend originell, doch hat die Banlieu-Version dieses klassischen Kinoplots durchaus ihren Reiz. Ihr größter Trumpf ist das authentische Spiel des jungen Balamine Guirassy in seiner ersten Filmrolle. Zweitens richtet der Regisseur den Fokus weniger auf die kriminellen Aktivitäten des Jungen als auf seinen normalen Alltag, der ja auch weitergeht. In dieser realistischen Herangehensweise erinnert der Film ein bisschen an die Jahrhundert-Fernsehserie "The Wire". Die Schwerpunkte liegen auf Adamas wegen Verstoßes gegen das Polygamie-Verbot auseinandergerissenen Familie, vor allem aber auf seinem Gedeihen in der Schule, wo der Junge trotz (oder wegen) seiner neuen Hauptbeschäftigung phasenweise zu ungeahnter Form aufläuft.

Wenn Vasdepied zum Ende hin die Brennpunkt-Schule trotz ihrer Unzulänglichkeiten gar zum großen Hoffnungsträger für einen wie Adama stilisiert, erscheint das aber doch weniger realistisch als utopisch. Aber wo, wenn nicht im Kino, ist noch Platz für Utopien?

Wird aus Gettokid Adama ein kleiner Ganove - oder vielleicht doch ein großer Literat?