Rottenburg · Kunst

Kunst im Kapuziner: Malerei und Skulptur ergänzen sich

„Verhältnisse“ heißt die Ausstellung von Kristina Negele-Holder und Josef Nadj, die in der Galerie „Kunst im Kapuziner“ zu sehen ist.

18.09.2021

Von Jana Breuling

Kristina Negele-Holder und Josef Nadj stellen im KuKa aus. Bild: Jana Breuling

Kristina Negele-Holder und Josef Nadj stellen im KuKa aus. Bild: Jana Breuling

Beim Betreten der Galerie fällt der Blick auf eine enorme Steinskulptur von Josef Nadj: Sie trägt den Titel „Inclosed Shape“ (Eingeschlossene Form), wiegt exakt 200 Kilogramm und ist das größte Exponat in der Galerie. Sie entstand für eine Ausstellung in Washington 2001. „Die Skulpturen durften wegen der Flugkosten nicht schwerer als 200 Kilogramm sein“, erzählt Nadj. Es war das erste Mal, dass der 68-Jährige eine Arbeit während des Entstehungsprozesses immer wieder wiegen musste. Die Skulptur ist aus Diabas, einem dunklem vulkanischen Gestein, das sich besonders gut bearbeiten lässt. Sie passt perspektivisch und farblich nahezu perfekt zur dahinter hängenden Malerei von Kristina Negele-Holder: Das abstrakte Bild zeigt Formen, die an düstere, geheimnisvolle Wasserspiegelungen erinnern.

Leichtigkeit und Lebensfreude zeigt dagegen Negele-Holders großflächiges Bild auf der anderen Seite des Eingangsbereichs. Es entstand an einem sonnigen Tag, erinnert sich die 64-Jährige. „Ich wählte die Farbe Blau, weil ich nicht in den Urlaub konnte und das Meer zu mir nach Hause holen wollte“, erzählt sie. Das Bild hat noch keinen Titel, doch spontan würde die Tübingerin es „Wassersport“ oder „Planschen“ nennen.

Vor dem Bild reihen sich die Skulpturen: „Himmelsleiter“, „Aufbruch“ und „Ablösung“. Auch sie hat Nadj aus Diabas gefertigt, einem Material, das der Horber Bildhauer mit Vorliebe bearbeitet, da man mit ihm bis an die Grenzen der physischen Möglichkeiten gehen könne. Die Skulptur „Ablösung“ hat bei einer Höhe von 40 Zentimetern eine Materialstärke von 2 Millimetern und eine sehr geringe Standfläche. Trotzdem möchte der Künstler den Besuchern das Berühren seiner Werke ermöglichen: „Das Anfassen ist ein wesentlicher Faktor, auch bei meinen anderen Arbeiten“, sagt er. „Für mich ist der unmittelbare Kontakt mit dem Material ein ganz wesentliches Erlebnis – und auch ein Weg zum Verstehen.“

Die beiden Künstler lernten sich im Kunstverein in Horb bei einer gemeinsamen Ausstellung kennen. Kristina Negele-Holder war auf der Suche nach einem Partner für ihre Ausstellung. Die Arbeiten von Josef Nadj gefielen ihr und gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie war es, die als erste ihre Malereien in die Galerie brachte und aufhängte. Dann kam Nadj mit LKW und Ladebühne, um die Ausstellung mit seinen teils sehr großen, schweren Skulpturen zu ergänzen. Zusammen konzipierten sie ein harmonisches Miteinander und zugleich ein spannungsvolles Gegeneinander zweier Genres der Bildenden Kunst.

Kristina Negele-Holders Bilder verraten unterschiedliche Ansätze. Im Jahr 2000 entdeckte die frühere Erzieherin im Kindergarten ihre Vorliebe für Kunst, experimentierte mit Pigmenten, Bindemitteln und Farben – und studierte schließlich 1999 Kunst an der Freien Kunstakademie Nürtingen. Josef Nadj fand seinen Weg zur Kunst schneller: Von 1970 bis 1974 studierte er an der Freien Kunstschule Stuttgart Grafik, dann von 1975 bis 1981 Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste. Sein Können im Bereich Grafik gibt es in der Galerie im Kapuziner auf einigen Bildern zu bestaunen, die der Künstler mit Tusche anfertigte. Filigrane, symmetrische Formen, die mit vielen Schattierungen und Linienführungen zu einem dreidimensionalen Ereignis werden und wie Skizzen seiner Skulpturen anmuten.